ZBiO

Archiv 2003

 

Oslo, 27. November 2003

So, die Schonzeit ist erstmal vorbei. Ab Januar stehe ich wieder auf der Gehaltsliste von „Matnat”, der Mathematisch-naturwissenschaftlichen Fakultät der Uni Oslo — dank unserer Freundin Merethe, die mir diesen Job (wieder) verschafft hat. Hauptaufgaben sind Usersupport und Internetauftritt, aber auch solche Dinge wie Beschaffung von PC-Ausrüstung — kurzum alles, was irgendwie mit „IT” zu tun hat. Da mein Vorgänger auf dieser Position nur bis Weihnachten dort ist und wir in der nächsten Woche schon in Deutschland sind, habe ich heute meinen ersten Einführungstag gehabt; morgen wird ein weiterer folgen. Ich bin nun ziemlich erledigt, denn mein Kollege kommt von der Westküste und spricht einen für unsere Ohren schwer zu verstehenden Dialekt (stellt euch einfach vor, ihr müsstet als „Hochdeutsche” einen Tag lang mit einem Bayern oder Österreicher, der „vom Dorf” kommt, zusammenarbeiten).

Stinksauer: Rune Bratseth

Stinksauer: Rune Bratseth

In den letzten Wochen war an dieser Stelle häufiger etwas über den norwegischen Fußball zu lesen, und auch heute komme ich nicht umhin, ein paar Zeilen zu diesem Thema zu verlieren. Der Rune jedenfalls, der ist momentan stinksauer. Die Rede ist — klar — von Rune Bratseth. Jener ehemalige Werder-Spieler, bester norwegischer Fußballer der letzten 50 Jahre und heutiger Sportdirektor von Rosenborg Trondheim, muss wohl seinen Trainer Åge Hareide ziehen lassen. Der „Norwegische DFB” ist auf der Suche nach einem neuen Nationaltrainer und hat zunächst hinter dem Rücken von Rosenborg mit deren Trainer Hareide verhandelt. In mehreren Gesprächen hat dieser gegenüber dem Verein aber immer wieder beteuert, er werde seinen noch bis 2006 laufenden Vertrag erfüllen, aber nun sieht es doch ganz anders aus. Wer die „ehrliche Haut” Rune Bratseth kennt, kann sich vorstellen, dass dieser nun ziemlich enttäuscht ist. Über diesen Kummer hilft auch nicht die Meldung aus der Aftenposten hinweg, dass es ihm zu Ehren eine Köln-Düsseldorfer Punkband gibt, die eben seinen Namen trägt.

Nun herrscht endlich Klarheit: Unser Lieblingsverein, Vålerenga, spielt auch in der nächsten Saison in der Eliteserie, der höchsten norwegischen Fußballliga. Am letzten Spieltag sind die Kameraden aus dem Osten Oslos doch noch auf den drittletzten Platz gerutscht — das bedeutete, dass zwei Relegationsspiele gegen den Tabellendritten der 1. Division, Sandefjord, zu spielen waren. Im Hinspiel gab es ein 0:0, aber im Rückspiel setzte sich Vålerenga mit 5:3 durch. Da sind wir aber erleichtert. Ich weiß, ich weiß — das sind Sorgen, die man als Werder-Fan zur Zeit nicht hat. Da sitzt unsereiner gefühlsmäßig zwischen allen Stühlen. Aber jetzt ist hier bis April sowieso Pause — da freuen wir uns umso mehr mit Werder (und wenn mir hier eine Einschätzung erlaubt sein darf: Während Stuttgart und Leverkusen die letzten Spiele teilweise unverdient-verkrampft gewonnen haben, ging Werder immer souverän als Sieger vom Platz — warten wir also auf die Schwächen der anderen und hoffen auf eine gute Rückrunde ...).

So, und jetzt noch schnell die aktuellsten Meldungen des Abends:

  • Roter Stern Belgrad — Rosenborg Trondheim 0:1 (0:0 im Hinspiel)
  • Wisla Krakow — Vålerenga 3:4 n.E. (0:0 im Hinspiel)

Was will man mehr?? ... Und wenn ich jetzt schnell alles hochlade, sind wir (wieder) mal das schnellste deutschsprachige Medium, dass euch diese Nachricht liefert, oder??

Bis bald in Deutschland

Tarnold


Oslo, 20. November 2003

Das war dann wohl nichts! Gestern Abend ist Norwegen im zweiten Relegationsspiel um den Einzug in die Fußball-EM-Hauptrunde nächstes Jahr in Portugal kläglich gescheitert. Mit 0:3 unterlagen sie dem Team aus Spanien.

Schon zu Beginn des Spiels zeigte sich ein Klassenunterschied. Das Spiel fand größtenteils in der norwegischen Hälfte statt, die Spanier wurden viel zu spät — wenn überhaupt — attackiert. Oftmals waren die Spanier nur durch Fouls zu stoppen, weil den Norwegern einfach die spielerischen Möglichkeiten fehlten. Dadurch kam es immer wieder zu gefährlichen Freistößen nahe der Strafraumgrenze. In der 34. Minute kam, was kommen musste — es fiel das 1:0 für Spanien. Damit waren die Chancen für Norwegen, die Qualifikation zu schaffen, erheblich gesunken. In der zweiten Halbzeit brachte Norwegen einen zweiten Stürmer und hatte dann auch etwas mehr vom Spiel, weil sich die Spanier mehr zurückfallen ließen. Dennoch war Norwegen nur selten in der Lage, konstruktiv das Spiel aufzubauen, es gab einfach zu viele Fehlpässe und Ballverluste. Und wenn solche Ballverluste im eigenen Strafraum passieren, dann wird das von Mannschaften wie Spanien brutal bestraft — so fielen die weiteren Tore für Spanien in der 50. und 62. Minute.

Das Dilemma der norwegischen Nationalmannschaft besteht darin, dass das Spielermaterial zur Zeit einfach nicht gut genug ist, um gegen Mannschaften wie Spanien zu bestehen. Zudem steht ein Generationen- und Trainerwechsel an, wobei die nächste Generation zur Zeit auch keinen Anlass zur Freude bietet: Das norwegische U-21-Team ist in Portugal und bei Olympia ebenfalls nicht dabei.

Tarnold


Oslo, 16. November 2003

„ERSTER!!!” Obwohl noch nicht Buß- und Bettag ist, haben wir gestern schon Kohl und Pinkel gegessen! Aber es kommt ja auf ein paar Tage nicht an — außerdem sind wir euch ja wettermäßig ein bisschen voraus, also dichter am Winter dran oder so, und da dachten wir, dass es legitim ist, wenn wir jetzt schon ...

Gestern wieder im Vinmonopol gewesen und ein bisschen eingekauft — nächstes Wochenende haben wir eine kleine Feier hier bei uns, außerdem gibt es zur Zeit ja das leckere juleøl (= Starkbier — gibt es daher nicht im Supermarkt). Da haben wir kurz 14 Flaschen Bier, 2 Flaschen und einen 3-l-Karton Wein gekauft ... und waren um rund 100 Euro ärmer.

Aber es naht ja der nächste Deutschlandaufenthalt. Für alle, die es noch nicht wisen: Wir kommen schon Anfang Dezember nach Bremen, da Tania in der ersten Dezemberwoche an einem Workshop in der Uni Bremen teilnehmen wird. Da wir ohnehin ab Mitte Dezember nach Bremen kommen wollten, wird Tania die verbleibende Zeit bis dahin als Gastwissenschaftlerin in der Uni Bremen überbrücken (soviel Urlaub hat sie denn doch nicht). Da haben wir also genügend Zeit, alle zu besuchen und vor allem die günstigen Preise im deutschen Getränkefachhandel und Restaurantgewerbe auszunutzen.

Eieiei — das war aber nichts für schwache Nerven! Während sich die deutsche Fußballnationalmannschaft gestern in einem Freundschaftsspiel gegen Frankreich blamieren durfte, musste „unser” Nationalteam eine ernste Aufgabe bewältigen: Das erste von zwei Relegationsspielen gegen das spanische Team war zu bewältigen.

Bereits in den ersten Minuten des Spiels im Mestalla-Stadion von Valencia zeigte sich die Überlegenheit der Spanier durch zwei glasklare Torchancen, allerdings war es Norwegen, das in der 14. Minute überraschend mit 1:0 durch Steffen Iversen in Führung ging. Die Spanier ließen sich durch die Führung Norwegens allerdings nicht beeindrucken und glichen in 21. Minute aus. Bis zur 60. Minute konnte Norwegen spielerisch noch gut mithalten, was wohl auch daran lag, dass die spanische Mannschaft zunehmend nervöser wurde und daher nicht besonders gut spielte. Ab der 75. Minute setzte dann die spanische Schlussoffensive ein. Norwegen hatte dem allein kräftemäßig nichts mehr entgegenzusetzen. Es war nicht nur ein Spiel in der norwegischen Hälfte, sondern zeitweise eines im norwegischen Strafraum. Folglich häuften sich auch die Torchancen der Spanier, die aber durch den überragenden norwegischen Torwart Espen Johnsen zunichte gemacht wurden. In der 85. Minute war es dann soweit — es stand 2:1 für Spanien. In der Folgezeit hatte Spanien noch weitere hochkarätige Torchancen, es blieb aber beim 2:1.

Fairerweise muss man natürlich sagen, dass der Sieg der Spanier verdient ist — Norwegen hätte sich nicht beklagen können, wenn es 4:1 verloren hätte. Am kommenden Mittwoch ist das Rückspiel hier im Ullevaal Stadion, und Norwegen reicht ein 1:0, um zur EM-Hauptrunde nach Portugal zu kommen. Das wird sicher keine leichte Aufgabe, aber vielleicht bekommt die norwegische Mannschaft Unterstützung vom „Wettergott”: Die Spanier haben angeblich Respekt vor den hiesigen Wetterverhältnissen — warten wir’s ab.

Tarnold


Oslo, 10. November 2003

Fachjury beim Bewerten des Juleøls

Fachjury beim Bewerten des Juleøls

Das Jahr geht langsam zu Ende, aber für den Bierliebhaber beginnt hierzulande die Zeit der Hochgenüsse: Die Juleøl-Saison hat begonnen. Ab Anfang November bringen die Brauereien ihre speziellen Weihnachtsbiere auf den Markt, und in diesem Jahr sind es nicht weniger als 53 verschiedene Sorten. Zusammen mit unseren Freunden Anne und Frode waren wir am vergangenen Freitag auf dem diesjährigen Juleølfestival, veranstaltet von NORØL, dem Bund der norwegischen Bierfreunde, um eine Auswahl von elf verschiedenen Weihnachtsbieren zu probieren und als Teilnehmer an der Publikumsabstimmung das beste Weihnachtsbier zu küren. Außerdem gab es auch noch eine aus fünf Bierkennern bestehende Fachjury, die in einem Blindtest das beste Weihnachtsbier bestimmte. Und was soll man sagen: Diese Fachjury kam zu dem Ergebnis, dass das beste Weihnachtsbier in diesem Jahr von zwei Heimbrauern stammt! Es konnte sich gegen die Konkurrenz der norwegischen Brauereien eindeutig durchsetzen.

Anne und Tania beim Fachsimpeln üer das Juleøl

Anne und Tania beim Fachsimpeln über das Juleøl

Juleøl hat in Skandinavien eine lange Tradition — genauer gesagt gibt es das Weihnachtsbier länger als das Weihnachtsfest. Denn schon vor der Christianisierung gab es zur Wintersonnenwende ein großes Fest, das mit jul bezeichnet wurde, und zu diesem Fest wurde viel Bier getrunken. Später, nach der Christianisierung, wurde das heidnische Julfest kurzerhand zum Weihnachtsfest umfunktioniert, das ja praktischerweise zur selben Zeit stattfindet. Die Bezeichnung jul jedoch und die damit verbundenen Traditionen blieben. So heißt es im Gulatingslov, dem ältesten erhaltenen Gesetzbuch Norwegens, dass jeder Bauer zu Weihnachten ein starkes Bier zu brauen habe. Wenn man diesem Gebot in drei aufeinanderfolgenden Jahren nicht nachkam, konnte man Haus und Hof verlieren und sogar des Landes verwiesen werden.

Heutzutage ist das Weihnachtsbier etwas, das die Nation bewegt — kaum ein Produkt wird so häufig getestet und begutachtet wie Juleøl. Und es hat auch tatsächlich den Anschein, als würden die Brauereien bei der Herstellung dieses Bieres besonders viel Mühe walten lassen, denn sogar die Billigmarken brauen ein gutes Weihnachtsbier — niemand will sich hier eine Blöße geben. Und der Verbraucher weiß, was er am Juleøl hat — regelmäßig gegen Ende der Saison, etwa im Februar, sind in Norwegen die Bierflaschen knapp, weil die Leute das Weihnachtsbier hamstern.

Der Bremer fühlt sich wohl, und der Norweger hat sich glaube ich auch ein bisschen gefreut: In der vergangenen Woche hatten wir hier so richtig schönes herbstliches Regenwetter, also anständigen Dauerregen zwei, drei Tage hintereinander. Wann hat man das hier schon mal? Als Bremer fühlt man sich so richtig zu Hause, und der Norweger dürfte sich angesichts der sich füllenden Stauseen auch freuen, denn die Wahrscheinlichkeit für horrende Strompreise wie im vergangenen Winter sinkt natürlich mit jedem Tag, an dem es jetzt noch nicht friert.

Apropos Wetter: Am Donnerstag purzelten in Norwegen etliche Temperaturrekorde: An 36 Wetterstationen wurde ein neuer Novembertemperaturrekord aufgestellt! Den Vogel abgeschossen hat dabei der Ort Tafjord, im Fylke Møre og Romsdal gelegen, ca. 320 km NW von Oslo (Luftlinie), wo 21,8 °C gemessen wurden — in etwa soviel wie in Lissabon oder Messina zur selben Zeit. An allen Wetterstationen auf dem norwegischen Festland wurden Temperaturen über 0 °C gememessen, was für November außerst ungewöhnlich ist.

Wie schnell ein Jahr vergeht — so lange gibt es jetzt nämlich ZBiO! An dieser Stelle ein kleines Dankeschön an die Besucher dieser Website — es sind inzwischen ca. 200 pro Monat, unsere eigenen Zugriffe nicht mitgerechnet. Das zeigt uns doch, dass unsere Arbeit hier nicht ganz vergebens ist.

Tarnold


Oslo, 20. Oktober 2003

Nicht nur in Deutschland erregt Dieter Bohlen große Aufmerksamkeit: Er hat es jetzt auch geschafft, dass die renommierte Aftenposten über ihn berichtet. Nun weiß hierzulande kaum jemand etwas mit dem Namen Dieter Bohlen anzufangen, daher lautet die erste Zeile im Artikel folgendermaßen: „Dieter Bohlen, die Kastratstimme in der Schmierpopgruppe Modern Talking, hat endlich aufgehört zu singen.” Im weiteren Verlauf des Artikels erfährt der Leser etwas über die Geschäftstüchtigkeit Bohlens („Deutschland sucht den Superstar”) und die Verzweiflung deutscher Literaturkritiker angesichts der Erfolge, die er mit seinen Buchveröffentlichungen hat — und das alles im „stolzen Land der Dichter und Denker”.

Der Winter wirft seine langen Schatten voraus: Am Freitagmorgen kam es zu den ersten Unfällen wegen überfrierender Nässe. Mehr als 40 Fahrzeuge, davon drei Krankenwagen, waren in mehrere Massenkarambolagen verwickelt. Die Mischung von Nebel und Bodenfrost führte zu sehr glatten Fahrbahnen. Auch unsere Straße war recht rutschig, was Tania verständlicherweise gar nicht gefiel. Irgendwie möchte sie die Stabilität ihrer Unterarme noch nicht bei Stürzen testen. Immerhin hat die derzeitige Wetterlage die Straßenverkehrsbehörde veranlasst, Spikesreifen schon jetzt zuzulassen — eigentlich sind diese nämlich erst ab 1. November erlaubt.

Lidl kommt nach Norwegen — das steht ja schon länger fest. Zwar hat noch keine Filiale eröffnet, aber die norwegischen Unternehmen bereiten sich trotzdem schon einmal darauf vor. Bereits im Sommer hat Hansa-Borg den Preis für sein Borg Pilsner stark reduziert, und nun hat Ringnes nachgezogen. Ringnes vertreibt in Norwegen die Marke Tuborg und hat den Preis für die 0,33-l-Flasche von 15 auf 9 Kronen gesenkt. Zuerst dachten wir, die Leute im Supermarkt hätten die Ware falsch ausgezeichnet oder das Haltbarkeitsdatum wäre überschritten oder irgendjemand hat alkoholfreies Bier falsch etikettiert — es hatte aber alles seine Richtigkeit. Logischerweise führen solche Preise bei uns zu einer reflexartigen Hamsterkaufaktion, auch wenn das Bier immer noch doppelt so teuer ist als in Deutschland, aber dafür schmeckt es ja auch nur halb so gut.

Seit ein paar Wochen ist unsere Webcam auch unter Webkameraer i Norge, dem größten Webcamarchiv Norwegens, zu finden — in den ersten Tagen war sie sogar die populärste Kamera dort! Zugegeben — die Besucher der Seite stürzen sich immer erst einmal auf die neuen Cams ;-)

So, und nun, weil die Sportnachrichten an dieser Stelle immer für soviel Diskussionsstoff sorgen (ich glaube, ich eröffne hier bald ein deutschprachiges Forum zum Thema „Der norwegische Fußball an sich” und „Warum wird Rosenborg immer Meister” ... mal sehen), noch kurz eine aktuelle Meldung vom drittletzten Spieltag in der norwegischen Eliteserie (der höchsten Spielklasse): Im Abstiegskampf konnte unser Lieblingsverein Vålerenga IF das Team aus Tromsø klar mit 3:0 schlagen. Torschützen waren Dos Santos, Berre und Rekdal. Damit hat der VIF wieder etwas Luft und liegt zwei Spieltage vor Ende der Saison auf Platz 9. Allerdings trennen Vålerenga nur zwei Punkte vom 12. Platz (Relegation) und drei Punkte von den Abstiegsplätzen — das werden noch zwei spannende Spieltage! Also bis nächste Woche

Tarnold


Oslo, 11. Oktober 2003

Das war ja spannend! Soeben hat sich Norwegen für die Playoffs der EM-Vorrunde qualifiziert. Norwegen gewann gegen Luxemburg im Ullevål-Stadion mit 1:0 und erreichte damit den zweiten Platz der Gruppe 2. Ein dickes Dankeschön können die Norweger aber an das dänische Team um Trainer Morten Olsen schicken, die durch ein Unentschieden gegen Bosnien den zweiten Platz Norwegens erst ermöglichten.

Vor den Spielen dieses Abends konnte sich Rumänen noch Hoffnungen auf eine Teilnahme an der Fußballeuropameisterschaft nächstes Jahr in Portugal machen, denn sie führten die Gruppe dank des besseren Torverhältnisses vor Dänemark an, gefolgt von Bosnien-Herzegowina sowie Norwegen und Luxemburg. Allerdings hatten die Rumänen bereits alle Spiele absolviert, so dass sie nicht mehr in das Geschehen eingreifen konnten. Dänemark musste also mindestens ein Unentschieden beim Spiel gegen Bosnien-Herzegowina in Sarajevo erreichen, um überhaupt in die Playoffs zu kommen: Hätten die Bosnier gewonnen, wäre Dänemark nur Gruppendritter geworden. Norwegen wiederum musste selbst gewinnen und dann auf mindestens ein Unentschieden der Dänen hoffen, um den zweiten Gruppenplatz zu erreichen. Alles klar?

Die Norweger taten sich gegen Luxemburg unnötig schwer. In der 19. Minute gingen sie mit 1:0 in Führung; der Treffer wurde erzielt von Tore André Flo, dem Cousin von dem uns durch seine Zeit bei Werder noch wohlbekannten Håvard „Fußballgott” Flo, der bis zur 69. Minute auch mitspielen durfte. Alle Fans der Norweger freuten sich eigentlich auf ein Schützenfest, aber trotz deutlicher Überlegenheit brachten die Spieler keinen weiteren Treffer im luxemburgischen Tor unter. Schlimmer noch: In der 75. Minute hätte es fast 1:1 stehen können, aber der Ball flog zum Glück ca. einen Meter über die Latte.

Nach dem Schlusspfiff in Oslo hieß es dann also noch ca. drei Minuten warten auf das Ende des Spiels in Sarajevo. Dort stand es nach der 1:0-Führung der Dänen durch Jørgensen in der 12. Spielminute und durch den Ausgleichstreffer der Bosnier in der 39. Minute 1:1, und speziell gegen Ende des Spieles gab es einen offenen Schlagabtausch. Doch die Dänen überstanden die hektische Schlussphase und können sich des Dankes der Norweger sicher sein.

Tarnold


Oslo, 8. Oktober 2003

Es ist Herbst, und seit zwei Wochen läuft hier die Fårikål-Saison. Fårikål heißt wörtlich übersetzt „Schafimkohl”, und es handelt sich dabei um Norwegens Nationalgericht. Quasi offizieller Beginn der Saison ist der letzte Donnerstag im September, und seitdem werden Weißkohl, Fleisch vom Schaf oder Lamm sowie schwarze Pfefferkörner besonders günstig angeboten — denn mehr Zutaten benötigt man für dieses Essen nicht.

sieht ja aus wie schon mal gegessen

sieht ja aus wie schon mal gegessen

Es wird ein gewisser Kult um dieses einfache Essen veranstaltet — ein wenig fühlen wir uns an Kohl und Pinkel erinnert (auch wenn es hier selbstverständlich keine feuchtfröhlichen Kohlfahrten gibt). So wurde beispielsweise zum Saisonstart vor zwei Wochen vor dem Nationaltheater ein riesiger Kochtopf mit einem Durchmesser von zwei Metern aufgestellt, um darin Fårikål zuzubereiten — das war natürlich Weltrekord! Damit alles mit rechten Dingen zuging, war extra die Fårikål-Polizei dabei — eine Abordnung des Vereins Fårikålens Venner (frei übersetzt „Freunde des Schafimkohls”).

Fårikål ist ein sehr populäres Gericht — eine Untersuchung hat ergeben, dass mehr als die Hälfte aller Norweger öfter als drei Mal im Jahr Fårikål essen. Dabei nimmt man dieses Essen nicht nur am Sonntag zu Hause ein, sondern trifft sich auch mit Freunden zum gemeinsamen Schafimkohlessen. Im Oppdal, einem kleinen Ort ca. 120 km südwestlich von Trondheim, feierte man am letzten Wochenende sogar das Norsk fårikålfestival.

... und am besten schmeckt es am zweiten Tag

... und am besten schmeckt es am zweiten Tag

Wir konnten uns dem ganzen Treiben rund um dieses Essen natürlich nicht entziehen und haben es selbst einmal probiert — sehr zu empfehlen, gerade jetzt in der kälteren Jahreszeit. Und wer Appetit darauf bekommen hat, für den haben wir hier das Rezept für vier Personen:

  • 1,5 kg Fleisch vom Lamm oder Schaf (aus dem Bug)
  • 1,7-2 kg Weißkohl
  • ca. 4 Teelöffel schwarze Pfefferkörne
  • ca. 2 Teelöffel Salz
  • ca. 0,3 l Wasser

Der Kohl wird zunächst in „Schiffchen” geteilt, also ungefähr gezwölftelt bis gesechzehntelt, je nach Größe des Kohlkopfes. Fleisch und Kohl werden lagenweise in einen Topf gelegt, beginnend mit dem Fleisch. Zwischen die Schichten Salz und Pfeffer streuen. Zum Schluss das Wasser drüber gießen und das Ganze aufkochen und danach bei schwächerer Wärme köcheln lassen, bis das Fleisch gar ist, mindestens aber zwei Stunden, besser drei Stunden. Das Gericht wird heiß serviert auf vorgewärmten Tellern (wichtig), weil abgekühltes Fett vom Schaf nicht besonders delikat ist. Dazu gibt es Salzkartoffeln. Traditionell trinkt man Bier und Aquavit zu diesem Essen.

Fachleute streiten sich regelmäßig, ob nun Lammfleisch oder Schaffleisch besser schmecke — der wahre Kenner bevorzugt wohl das fettere und kräftiger schmeckende Fleisch vom Schaf — wir hatten Lammfleisch, das war absolut ok. Und keine Sorge, falls etwas übrig bleibt — am besten schmeckt es sowieso erst am zweiten Tag (... oder am dritten ... oder am vierten).

Und bevor wir es vergessen — es gibt wieder etwas Neues bei ZBiO: Zum einen haben wir eine Währungsrechner auf unserer Seite, der schnell die aktuellen Wechselkurse der wichtigsten Währungen anzeigt, zum anderen könnt ihr ZBiO jetzt in euren Browser integrieren.

Tarnold


Oslo, 26. September 2003

Ganz klar — es wird Herbst: Den ersten Bodenfrost haben wir schon hinter uns, und seit ein paar Tagen tragen wir auch wieder Pullover, die T-Shirt-Zeit ist damit auch vorbei. Nächste Woche werde ich die Winterreifen montieren, sicher ist sicher!

Am vergangenen Wochenende hatten wir noch einmal Besuch aus Deutschland — meine (A.) Eltern waren für ein paar Tage bei uns. Wie immer bei dieser Gelegenheit haben wir uns den Vorratsschrank füllen lassen. Gutes Timing: Meine letzte saure Gurke schwamm einsam im Gurkenglas, als der Nachschub aus Deutschland eintraf ... Endlich können wir auch wieder Haake-Beck Kräusen genießen, nachdem wir im Sommer (trotz der reichlichen Besuche) aufgrund von Lieferschwierigkeiten darauf verzichten mussten.

Nun ist auf absehbare Zeit erst einmal Schluss mit Besuchen, und langsam füllt sich unser Einkaufszettel für die Weihnachtszeit, in der wir aller Voraussicht nach wieder nach Deutschland kommen werden.

Tidekraftwerk vor Hammerfest

Tidekraftwerk vor Hammerfest

In Norwegen war es keine Meldung wert, aber bei SPIEGEL online konnte man in der letzten Woche lesen, dass in Hammerfest ein Gezeitenkraftwerk ans Netz gegangen ist. Nun, wenn man auf der Homepage der Betreiber direkt nachliest, dann hat in der vergangenen Woche gerade einmal die Endmontage begonnen. Aber dennoch: Wenn es nach den Vorstellungen der Konstrukteure geht, dann soll schon in ein paar Jahren ein nicht unerheblicher Anteil des Stroms aus solchen Anlagen gewonnen werden. Bei SPIEGEL online stand auch zu lesen, dass das Kraftwerk, das jetzt gebaut wird, Strom für 30 norwegische oder 60-80 britische Haushalte liefern wird ...

... und bald schon Elchsalami ;-)

... und bald schon Elchsalami ;-)

Kaum, dass es Herbst geworden ist, rücken uns diese verrückten Elche wieder auf die Pelle: Heute morgen wurde ein kapitaler Elchochse von der Polizei mitten in der Stadt erlegt. Im Winter passiert es ja gelegentlich, dass diese zotteligen „Könige der Wälder” sich vor allem am Stadtrand blicken lassen, in der Annahme, in den städtischen Gärten leichter an Nahrung zu kommen. Aber zu dieser Jahreszeit und dann weit innerhalb des Ring 2 trift man sie recht selten!

Es ist Ende September, und wie immer um diese Zeit ist in München Oktoberfest. Das ist natürlich auch in norwegischen Medien eine Meldung wert. Vor allem wurde hier aber mit Erstaunen, Verwunderung und wohl auch etwas Neid festgestellt, dass der Ministerpräsident des katholischen Bayern nach dem „oazoapfen” mit gefülltem Masskrug vor den Zuschauern posierte — einfach undenkbar, sich so etwas vom (ach so frommen) norwegischen Ministerpräsident Bondevik vorzustellen — er und seine Christliche Volkspartei zählen nämlich zu den Enthaltsamkeitsaposteln im Lande. Egal — wir werden morgen jedenfalls zusammen mit unseren Freunden aus Fredrikstad zum Ølfestival 2003 gehen.

Tarnold


Oslo, 17. September 2003

Ute und Michl am Biathlonstadion

Ute und Michl am Biathlonstadion

Lange Zeit gab es an dieser Stelle nichts Neues zu lesen, was daran lag, dass wir recht viel um die Ohren hatten. Da war zunächst der Besuch von Ute und Michl aus Uppsala. Die beiden sind im April/Mai von Bremen nach Schweden gezogen, und da war es ganz interessant, einmal die Erfahrungen auszutauschen. Da wir bestes Wetter hatten, konnten wir mit den beiden unser Ideal-Standard-Touri-Programm absolvieren. Hinzu kam noch die Übertragung des EM-Qualifikationsspiels Bosnien-Norwegen, das wir in einer Kneipe verfolgten. Norwegen verlor leider mit 0:1 — dadurch sind die Chancen, die Europameisterschaft zu erreichen, recht gering geworden.

Unser neuer Server „Haake”

Unser neuer Server „Haake”

Und dann ist da noch unser neuer Rechner, den wir auf den Namen „Haake” tauften. Wir haben ihn im Internet gekauft, und die Lieferung kam natürlich prompt, als Michl & Ute hier waren! Ihr könnt euch wohl vorstellen, wie es mir in den Fingern juckte, das Ding gleich auszupacken und zusammenzuschrauben. Ich habe mich auch wirklich nur einen Tag beherrschen können. Als unsere Gäste sich zusammen mit Tania einen gemütlichen Videoabend machten, habe ich die Chance genutzt und mich über die frisch gelieferten Komponenten hergemacht. Doch die Freude über den neuen PC währte nicht lang: Der Speicher ist offenbar defekt und der Rechner startete nicht. Er kam nicht einmal bis ins BIOS — so etwas habe ich noch nicht erlebt. Um sicher zu gehen, dass es wirklich am Speicher liegt, habe ich hier in Oslo schnell einen kleinen Riegel gekauft, und jetzt läuft er, zumindest auf Sparflamme. Na ja, bis dann alles installiert war und vernünftig lief, vergingen ein paar Tage. Daher waren auch Teile der ZBiO-Homepage nicht immer verfügbar, weil manche Inhalte ja direkt aus unserem Arbeitszimmer in die weite Welt geliefert werden :-)

Während ich so im stillen Kämmerlein vor mich hin installierte, ist draußen in der Welt ziemlich viel passiert: Der Mord an Anna Lindh zum Beispiel, der ja nun eventuell aufgeklärt ist. Was dieser Anschlag in Schweden und möglicherweise auch in Norwegen für längerfristige Folgen haben wird (Stichwort „Offene Gesellschaft”), bleibt abzuwarten. Kurzfristig waren auch hier Änderugen zu verspüren: In den letzten Tagen des Kommunalwahlkampfes wurden die Spitzenkandidaten von Sicherheitspersonal begleitet, etwas, was es hier zu Lande sonst auch nicht gibt.

Den Euro wollten unsere Nachbarn im Osten auch noch nicht haben, und da sind Deutsche und Franzosen mit ihrer etwas selbstherrlichen Handhabung des „Stabilitätspaktes” nicht ganz unschuldig, denn im Grunde genommen wird genau das vollzogen, was EU- und Eurogegner auch in Norwegen befürchten: Die großen Länder machen was sie wollen, und die kleinen können sehen, wie sie damit klarkommen.

kein Alkoholverkauf am Wahltag

kein Alkoholverkauf am Wahltag

Wie bereits erwähnt wurde vorgestern in Norwegen gewählt, es waren Kommunal- und Fylketingswahlen, vergleichbar also mit Kommunal- und Landtagswahlen in Deutschland. Im Stadtrat Oslos war das Ergebnis denkbar knapp: Die Linksparteien erreichten mit einem Vorsprung von 46 Stimmen bei 259218 abgegebenen Stimmen die absolute Mehrheit — und kommen nun doch nicht zum Regieren. Weil bei der Berechnung der Mandate ein Verfahren herangezogen wird, das kleine Parteien bevorzugt, hat der „bürgerliche Block” die Mehrheit der Mandate errungen. Dennoch dürfte die kommunale Regierungsbildung interessant werden, denn der bürgerliche Block ist eigentlich alles andere als ein Block. Zu ihm werden nämlich so unterschiedliche Parteien wie die Fortschrittspartei (rechts außen, populistisch) und Venstre (übersetzt heißt das „links”) gezählt. Venstre würde in Deutschland ungefähr einer Mischung aus FDP und Grünen entsprechen, also Ökoliberale, sozusagen. Und die können mit ausländerfeindlichen Sprüchen oder Überzeugungen wie „Freie Fahrt für freie Bürger” nun gar nichts anfangen.

Gut nur, dass wir am Montag kein Bier kaufen mussten — der Alkoholverkauf ist nämlich nach einem alten norwegischen Gesetz am Wahltag verboten ...

Über das hiesige Gesundheitssystem wollen wir an dieser Stelle auch wieder einmal lästern: Tania soll wegen ihrer gebrochenen Arme noch eine Physiotherapie bekommen. Wenn man alles selbst bezahlt — kein Problem, innerhalb von wenigen Tagen gibt es einen Termin. Wir haben aber eine Überweisung vom Hausarzt, und in dem Fall zahlt natürlich die Krankenversicherung; leider muss Tania rund vier Wochen warten, bis sie eine Behandlung bekommen kann. So ganz genau wissen wir nicht, wann es sein wird, denn sie steht auf einer Warteliste, die nach Priorität abgearbeitet wird, und sie wird benachrichtigt, wenn es soweit ist.

Wenn man so an das Gesundheitswesen hier denkt, dann wundert es einen schon, warum viele Norweger ihre Abneigung zur EU beispielsweise mit der Angst vor dem Verlust des Wohlfahrtsstaates begründen ... Aber es gibt ja auch Dinge, die hier besser sind als in Deutschland.

Auf jeden Fall wird Tania morgen wieder anfangen zu arbeiten, zunächst mit halber Stundenzahl.

Tarnold


Oslo, 31. August 2003

Ja ja — hier im Norden sind die Sitten etwas rauer als woanders! Im Moment steckt Norwegen im Wahlkampf, denn am 15. September sind landesweit Kommunalwahlen. Und im Wahlkampf liegen die Nerven schon mal blank — das ist hier nicht anders als sonstwo. Aber was einem Politiker der Arbeiterpartei in der vergangenen Woche während einer Podiumsdiskusion in einer Schule widerfuhr, ist schon etwas außergewöhnlich, denn er hat sich eine Ohrfeige von einem Vertreter der Fortschrittspartei eingefangen. Dabei muss man wissen, dass die Fortschrittspartei vergleichbar ist mit der FPÖ in Österreich oder der „Schill-Partei” — populistisch und ein Auffangbecken für Protestwähler. Und die Gestalten, die diese Partei nach außen vertreten, haben oft nicht die besten Umgangsformen, und wenn einem dann vielleicht die Worten fehlen ... Zumindest hat dieser Vorfall der Fortschrittspartei bei der letzten Umfrage einen Verlust von 4,4 % eingebracht.

Aker Brygge

Aker Brygge

Letzte Woche haben wir eine Hafenrundfahrt unternommen. Die Häfen von Oslo werden sich in den kommenden zehn Jahren sehr verändern, und aus diesem Grund hat die Hafenverwaltung im August kostenlose Hafenrundfahrten angeboten — und wenn es hier schon mal etwas umsonst gibt, muss man das Angebot natürlich nutzen!

In Oslo ist die Situation, was die Zukunft der Häfen anbelangt, ähnlich wie in Bremen: Immer mehr Hafenflächen sollen der „zivilen” Nutzung — sprich Wohnungen, Büros, Kultur — zugeführt werden. Angefangen hat diese Entwicklung 1990 mit der Einweihung von Aker Brygge. Das heutige Einkaufs- und Wohnviertel beherbergte Anfang der achtziger Jahre noch die Aker Schiffswerft. Der nächste Schritt ist der Bau der neuen Oper in Bjørvika — dem Hafenareal, das sich östlich der „Akershus-Festung-Halbinsel” anschließt. Auch hier ist ein Mix aus Kultur, Wohnen und Arbeiten geplant. In diesem Zusammenhang muss natürlich das letzte Stück E18, das im Zentrum noch oberirdisch verläuft und die beiden Tunnels Festningstunnelen und Ekebergtunnelen verbindet, auch noch unter die Erde, sonst wäre der neue Stadtteil vom Rest Oslos abgeschnitten. Außerdem würde der Verkehrslärm den Betrieb der Oper stören.

Schließlich wird sich auch das Gebiet rund um den Fähranleger von Color Line verändern. Das dortige Containerterminal wird verschwinden. Zur Zeit gibt es drei Containerhäfen in Oslo — diese sollen in Zukunft an einem Ort konzentriert werden.

Bei Tania geht es weiter langsam aber stetig voran. Eine neue Röntgenuntersuchung hat ergeben, dass ihre Knochen gut positioniert sind und langsam anfangen, zusammenzuwachsen. Der Arzt meint, dass es noch ca. 1-2 Monate dauern wird, bis die Brüche richtig verheilt sein werden. Erstmal ist Tania für weitere drei Wochen krankgeschrieben. Aber so langsam wird es ihr etwas langweilig hier, denn viel kann sie eben noch nicht tun.

In diesen Tagen jährt sich unser Umzug von Bremen nach Oslo. Aus diesem Anlass haben wir unsere Erfahrungen unter „1 Jahr in Oslo” zusammengefasst. So langsam wird es Herbst, das merkt man vor allem daran, dass es nachts jetzt wieder dunkel ist, aber die Temperaturen sind natürlich auch runtergegangen. Nachts liegen sie schon mal im einstelligen Bereich, tagsüber meistens unter 20 °C — aber das ist ja normal für diese Jahreszeit. Wie das Wetter bei uns am 21. August war, ist jetzt in einem neuen Filmchen zu betrachten.

Tarnold


Oslo, 15. August 2003

Tja, ich bin mir ziemlich sicher, dass so mancher in Deutschland uns um das Wetter in Norwegen und speziell in Oslo beneidet, hatten wir hier in den letzten Wochen im Schnitt um zehn Grad niedrigere Temperaturen als in Deutschland. Aber jetzt ist ja auch bei euch wieder alles im normalen Bereich.

Monolitten im Frognerpark

Monolitten im Frognerpark

Hierzulande brach der Sommer ebenfalls Temperaturrekorde: Die Durchschnittstemperatur im Juli lag um 3,1 Grad höher als der langjährige Mittelwert — das ist die größte gemessene Temperaturabweichung seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahre 1866.

Und die Zukunft sieht gut aus — zumindest für die Sommer in Südnorwegen: Viele europäische Klimaforscher sind sich laut der Zeitung Dagbladet einig, dass sich der „meteorologische Äquator” um 20 Breitengrade (ca. 2600 km) nach Norden verschoben hat. Das hat zur Folge, dass es in Süd- und Mitteleuropa auch in Zukunft zu extrem heißen Sommern kommen kann, während sich (Süd-) Norwegen in einer angenehmen Randzone befindet. Na mal sehen, was davon wird.

Dank des Besuchs aus Deutschland (Tanias Eltern sowie Birte und Thomas waren in den vergangenen zwei Wochen bei uns) ist uns wieder bewusst geworden, wie sättigend Brot doch sein kann. Wir haben endlich wieder richtiges Schwarzbrot essen können — was für ein Unterschied zum norwegischen Brot, das ja eher von der luftigen Art ist.

In diesen Tagen vor 75 Jahren wurde der monolitt aufgestellt — die große Granitsäule im Frognerpark, aus der der Bildhauer Gustav Vigeland 121 menschliche Figuren bildhaute.

Bereits 1922 wurde der Granitblock aus einem Steinbruch bei Halden aus dem Fels gesprengt. Zu diesem Zeitpunkt hatte er noch ein Gewicht von rund 470 Tonnen. An Ort und Stelle wurde er dann zurechtgesägt, so dass er einen quadratischen Querschnitt bekam. Das Gewicht betrug danach noch rund 280 Tonnen. Im Jahre 1926 begann der Transport zum jetzigen Standort. Zu Wasser ging es den ganzen Oslofjord entlang bis nach Oslo, wo dann der mühselige Transport bis zum Frognerpark folgte. Für die ca. 1,5 km lange Strecke benötigte man fast ein halbes Jahr — die längste Strecke, die an einem Tag zurückgelegt wurde, betrug 50 m.

Im Sommer 1928 wurde die Säule schließlich aufgestellt. Bevor die Bildhauerei begann, baute man einen Holzschuppen um den Stein herum. In diesem Schuppen, direkt neben der Gesteinssäule, stand auch das 1:1 Gipsmodell, das den Bildhauern als Vorbild diente. Drei Bildhauer arbeiteten 14 Jahre lang, bis der Monolith sein heutiges Aussehen erhielt.

Tania geht es langsam etwas besser — jeden Tag gibt es kleine Fortschritte zu vermelden. Gestern wurden die Fäden gezogen, die Nähte sind soweit in Ordnung. Ein bisschen erinnern ihre Unterarme, auf denen nun auch keine Pflaster mehr kleben, an Schöpfungen aus dem Hause Frankenstein ...

Tarnold


Oslo, 4. August 2003

Geirangerfjord

Geirangerfjord

So Leute, da wären wir also wieder. Gerne würde ich an dieser Stelle schreiben, dass wir „wohlbehalten” nach Oslo zurückgekehrt sind, aber dem ist leider nicht so: Auf einer kleinen Radtour am letzten Urlaubstag hatte Tania einen Unfall. Sie kam mit dem Rad von der Straße ab und stürzte; dabei brach sie sich beide Unterarme und zog sich heftige Prellungen an Rücken, Hüfte und Bein zu.

Östlich von Bergen

Östlich von Bergen

Die Arme sind inzwischen operiert — in Elle und Speiche wurden zur Fixierung Stahlplatten implantiert. Mittlerweile geht es Tania wieder einigermaßen, nur die fiesen Prellungen schränken ihre Mobilität ein bisschen ein. Mit den Armen kann sie natürlich eh nichts anfangen — das heißt für mich zur Zeit „full time job” als Krankenpfleger, also füttern, waschen und was ihr euch sonst noch so vorstellen könnt.

Nördlich von Stavanger

Nördlich von Stavanger

Ansonsten hatten wir einen tollen Urlaub. Wir sind mit dem Auto über Lillehammer zunächst rasch bis nach Ålesund vorgedrungen, dem nordwestlichen Wendepunkt unserer Reise. Von dort aus ging es an den Fjorden entlang zurück, erst einmal Richtung Süden. Auf dem Weg sahen wir die Dinge, die man als Norwegen-Ersturlauber als erstes anfährt: Geirangerfjord, Sognefjord, Bergen, Stavanger und vieles mehr. Weiter ging es entlang der Sørlandskyste, der norwegischeen Südküste, zurück Richtung Oslo. In Skien gab es dann bedingt durch Tanias Krankenhausaufenthalt noch eine Zwangspause von zwei Tagen.

Nun sind Tanias Eltern zu Besuch. Unsere Vorratsschränke platzen wieder aus allen Nähten, besonders erfreut bin ich natürlich über den Anblick so vieler gefüllter Bremer Bierflaschen.

Tarnold


Oslo, 17. Juli 2003

Ein Orka im Oslofjord ;-)

Ein Orka im Oslofjord ;-)

Sensationell: Heute hat sich ein Orka (auf norwegisch nennt man ihn spekkhogger — in etwa: Speckhauer, Speckhacker) bis nach Oslo vorgewagt. Gegen Morgen wurde er von Anglern vor der Insel Ulvøya gesichtet. Diese bis zu neun Meter lange und 8 Tonnen schwere Walart kommt zwar an der gesamten norwegischen Küste vor, aber nur selten wagt sie sich bis in den inneren Oslofjord.

Vielleicht ist dem Wal die momentane Hitze etwas zu Kopf gestiegen. Eigentlich haben wir es immer als Vorteil angesehen, dass es hier im Sommer etwas kühler als in Deutschland ist, aber vorgestern wurde auch hier erstmals in diesem Sommer die 30 °C-Marke überschritten. Zum Glück kühlt es sich nachts meistens ganz gut ab. Aber den Norweger freut es — es scheint, als könnten die gar nicht genug Sonne und Hitze bekommen.

Müssen wir uns schuldig fühlen? In Deutschland mangelt es an Leergut, und wir haben hier 11 Kisten, die wir für unsere eigenen Braukünste benötigen ... nein, ich denke, das dient einem guten Zweck, nämlich der Aufrechterhaltung einer ausreichenden Bierversorgung zu einem angemessenen Preis.

So, die Sachen sind gepackt, alles ist vorbereitet, morgen geht's in den wohlverdienten Urlaub. ZBiO legt daher voraussichtlich eine mehrwöchige Pause ein — es sei denn, wir finden unterwegs ein nettes Internetcafé und haben Lust, etwas zu schreiben.

Für die Zeit nach unserem Urlaub haben sich einige Besucher angekündigt, so dass es auch Anfang August vermutlich nur wenige Neuigkeiten von uns an dieser Stelle geben wird.

Damit ihr in der Zwischenzeit etwas zu lesen habt, könnt ihr im ersten Teil unserer neuen Serie „Geschichte Norwegens” herumschmökern.

Tarnold


Oslo, 14. Juli 2003

Pünktlich zum seit ein paar Tagen laufenden Hochsommer mit Temperaturen über 25 °C bieten wir einen weiteren Service an: Ab sofort könnt ihr unter „Das Wetter in Oslo” die aktuelle Wettervorhersage für Oslo abrufen, so unser Webserver will.

Oslo, 13. Juli 2003

Endlich Urlaub! Meine (A.) vorübergehende Beschäftigung in der Universität ist beendet, und so können auch wir uns auf unseren wohlverdienten Urlaub vorbereiten. Halb Oslo ist bereits verreist — man merkt es deutlich daran, dass das „öffentliche Leben” weitestgehend brach liegt. Wir werden am nächsten Freitag für zwei Wochen den Westen und Süden des Landes erkunden, uns also in Richtung „Fjordnorwegen” in Bewegung setzen. Wird ja auch mal Zeit, dass wir ein bisschen mehr von Norwegen sehen als nur Oslo und Umgebung.

Kesam heißt das Zauberwort — es gibt ihn doch, und wir haben ihn nun auch gefunden: Quark. Da fiel uns aber ein Stein von Herzen — endlich sind wir richtig unabhängig von Besuchern aus Deutschland und können nun zu jeder Zeit Tzatziki zubereiten.

So langsam beginnt der Rasen in unserem Garten zu wachsen ... das ist aber auch das einzig Positive daran. Vor gut zwei Wochen wurde das Grundstück ja entmüllt und es wurde Mutterboden aufgetragen. Allerdings ist die Mutterbodenschicht maximal fünf Zentimeter mächtig, und der Rasen wurde einfach so auf die doch noch recht unebene Krume gestreut, ohne dass hinterher gewalzt wurde o.ä.; na ja, nach dem in der letzten Woche einige äußerst heftige Regengüsse niedergegangen sind, wurde der Mutterboden teilweise weggespült, und mit ihm natürlich auch der ausgesäte Rasen. Dadurch wurde auch wieder ziemlich viel Schutt freigelegt. Jedenfalls haben wir jetzt ein paar Stellen im Garten (ich will sie mal Senken nennen), in denen sich das Regenwasser und mit ihm der Mutterboden und das Saatgut sammelte — und dort ist es jetzt auch schon etwas grün ... Der Rasen wird es sicherlich schaffen, irgendwann das gesamte Grundstück zu bedecken, und dann sieht man auch die vielen Steine nicht mehr, aber das Rasenmähen macht bestimmt keinen Spaß ...

Tarnold


Oslo, 4. Juli 2003

FlaggeWie soeben berichtet wird, ist „unsere” Kronprinzessin Mette-Marit schwanger! Im Januar 2004 soll dem Land ein Thronfolger geboren werden. Mein Gott, was für eine aufregende Woche! Erst vorgestern wurde bei Königens groß gefeiert: Zum einen wäre König Olav V. 100 geworden, zum anderen wurde Maud Angelica, die Tochter von Prinzessin Märtha Louise, getauft. Na, wenn das nicht Grund genug ist, hier wieder die norwegische Flagge zu hissen! ;-)

Oslo, 30. Juni 2003

Damit hatten wir nicht gerechnet: Es tut sich etwas auf unserer „Baustelle”, sprich der Garten von unserem Haus wird gemacht. Aus diesem Grund haben wir unsere Webcam auch neu ausgerichtet, damit ihr Zeugen dieses weltbewegenden Ereignisses sein könnt. Am vergangenen Wochenende wurde jedenfalls das Grundstück planiert und von grobem Schutt befreit, anschließend wurde eine dünne Schicht Mutterboden aufgetragen, worauf dann Rasen gesät wird.

Ansonsten haben wir eine geruhsame Woche hinter uns. Ich habe meine Aufgabe auf der Arbeit erledigt und rette mich mit selbstgesuchten Arbeiten über die Zeit, da alle Kollegen und Vorgesetzten im Urlaub sind und somit niemand da ist, der mir andere Aufgaben geben könnte. U.a. entstand dieser Text während der Arbeitszeit ...

Am Sonnabend haben wir eine kleine Tour nach Fredrikstad zu unseren Freunden gemacht. Gemeinsam sind wir nach Schweden zum Einkaufen gefahren. Wir brauchten dringend neue Bierkits, und bei der Gelegenheit haben wir unseren Wochenendeinkauf dort getätigt. Alles zusammengerechnet haben wir fast 3.000 schwedische Kronen ausgegeben — ca. 330 Euro.

Anscheinend hat irgendjemand etwas gegen den Einkaufsrummel in Schweden, zumindest wurden am frühen Sonntagmorgen mehrere Geschäfte in Svinesund angezündet, quasi unmittelbar vor der bevorstehenden Hauptsaison. Einige Läden brannten komplett aus. Es entstand ein Schaden von ca. 50 Mio Kronen (ca. 6 Mio Euro). Zum Glück ist „unser” Geschäft, in dem es die Bierkits gibt, nicht betroffen gewesen.

Da ihr in Deutschland ja noch ein bisschen warten müsst, ehe es mit der Fußballbundesliga wieder losgeht, hier ein paar Nachrichten von der norwegischen Eliteserie. Die Saison beginnt in Norwegen wetterbedingt erst Mitte April, und die Hinrunde ist fast beendet (12. von 26 Spieltagen). Also, um es einfach zu machen: In Norwegen gibt es auch einen FC Bayern, der heißt bloß Rosenborg Trondheim. Rosenborg führt nach 12 Spieltagen schon (wieder) mit elf Punkten Vorsprung. Tja, ein „Leverkusen” haben wir hier auch: Molde (der wahre Kenner weiß, dass der vor kurzem noch heroisch gegen die Deutschen haltende Nationaltorhüter der Färöer zweiter Torwart bei Molde ist) — in der vergangenen Saison noch Vizemeister (3 Spieltage vor Schluss nur drei Punkte hinter Rosenborg, am Ende aber doch sechs Punkte Abstand), nun mit nur elf Punkten auf dem 11. Platz, drei Punkte vor dem 14. (= Tabellenletzten). Interessiert das jemanden? Na gut, dann eben nicht ...

Tarnold


Oslo, 23. Juni 2003

Wir wohnen zwar nicht nördlich des Polarkreises, und folglich haben wir hier auch nicht die echte Mitternachtssonne. Aber trotzdem ist es hier zur Zeit eigentlich immer hell, auch, wenn der Himmel gerade mal bewölkt ist. Wie hell, das zeigt das folgende Foto — ein Bild vom letzten Freitag, gegen Mitternacht auf unserem Balkon, und zum Vergleich dazu ein Bild von der Webcam an der Schlachte in Bremen. Und ich dachte immer, Dunkeldeutschland liegt woanders ;-)

Mittsommernacht in Oslo: Lesen auf dem Balkon

Mittsommernacht in Oslo: Lesen auf dem Balkon

Zur gleichen Zeit: Die Schlachte in Bremen

Zur gleichen Zeit: Die Schlachte in Bremen

Am vorletzten Wochenende haben wir einen Ausflug nach Kongsberg gemacht. Die „Sektion Oslo” von Tanias hiesigem Berufsstand, der NGF, organisiert einmal im Jahr einen Familienausflug, an dem wir teilnahmen. Für nur hundert Kronen pro Person wurden wir per Bus von Oslo ins ca. 80 km entfernte Kongsberg gefahren, sind dort ins Bergwerk eingefahren und haben das Bergwerksmuseum, das außerdem auch das Münzmuseum, das Skimuseum und das Waffenmuseum beherbergt, besucht.

Da gehts rein ins Bergwerk

Da gehts rein ins Bergwerk

Kongsberg ist berühmt für seine — weltweit — bedeutenden Silbervorkommen (allerdings ist der Abbau inzwischen eingestellt). Eher zufällig fand man dort 1623 Silber, und da der dänische König Christian IV. (Norwegen stand seinerzeit ja unter dänischer Verwaltung) gerade mal wieder Geld brauchte (er war auch ein bisschen in den 30-jährigen Krieg verwickelt und kämpfte auf Seiten der Protestanten), gründete er die Stadt Kongsberg und holte deutsche Geologen und Bergbauer — vorwiegend aus Freiberg — nach Norwegen, damit diese mit ihrem Know-how den Norwegern zeigen konnten, wo das Silber steckt, denn bis dahin gab es noch keinen Bergbau in Norwegen (und in Dänemark natürlich auch nicht: Wo sind da die Berge?). Gewissermaßen führen wir hier somit eine knapp vierhundertjährige Tradition fort ;-) Heute werden in Kongsberg immer noch die norwegischen Münzen und Banknoten hergestellt, aber wohl nicht mehr lange, denn der Betrieb wird nach Finnland verkauft.

Einweggrills am Tag danach

Einweggrills am Tag danach

Letzte Woche waren wir zum Outdoorgrillen — einer weiteren norwegischen Tradition. Wir haben uns mit einem norwegischen Geologiestudenten getroffen, der sich hier ein bisschen besser auskennt als wir, sind auf eine kleine Insel gezogen und haben dort einen netten Abend verbacht.

Das „Outdoorgrillen” ist eine fast ganzjährig ausgeübte Leidenschaft der Norweger. Viele Zeitgenossen benutzen dazu Einweggrills, die es überall im Supermarkt zu kaufen gibt. Insgesamt rund 1.000.000 dieser Grills werden pro Jahr verkauft — bei einer Bevölkerung von 4,5 Mio eine stattliche Menge. Und wie es immer so ist — viele Einweggrills bleiben in der Landschaft liegen oder verursachen Brandschäden. Und selbst wenn die abgebrannten Grills zum nächsten Mülleimer gebracht werden, gibt es Probleme: Die Müllabfuhr muss nämlich mit einem Spezialfahrzeug kommen und kann die benutzten Grills wegen Brandgefahr nicht mit dem übrigen Müll abtransportieren — mal ganz abgesehen von der generellen Fragwürdigkeit von Einwegprodukten.

Tarnold


Oslo, 14. Juni 2003

da isser ja wieder

da isser ja wieder

Ja, ihr habt ja Recht — in letzter Zeit ist es ein bisschen ruhig geworden bei ZBiO. Das liegt natürlich daran, dass ich (A.) momentan auch ein bisschen arbeite. Außerdem hatten wir in der Woche vor Pfingsten Besuch — da geht in der ZBiO-Redaktion natürlich auch nichts. Und dann haben wir Sommer! Auch wenn es gelegentlich mal ein Regenschauer gibt, in der vergangenen Woche waren wir doch recht häufig draußen und irgendwie selten zu Hause, und da bleibt die Schreibarbeit schon mal liegen. Aber nichtsdestotrotz — wir wollen euch natürlich auch weiterhin im Schnitt einmal wöchentlich mit Nachrichten von/über uns und aus Norwegen versorgen.

Oslo ist Europameister! Wer hätte das gedacht: Norwegens Hauptstadt bekam in der vergangenen Woche die Auszeichnung „Europäischer Preis zukunftsbeständige Stadt 2003” verliehen. Insgesamt haben 1860 Städte an diesem Wettbewerb teilgenommen, und Oslo hat sich am Ende unter zwölf Finalisten durchsetzen können. Beeindrucken konnte Oslo offensichtlich mit der „gesunden Mischung”: Die Mark, also die Natur im Norden und Osten, die rund 75% des Stadtgebietes ausmacht, der inzwischen wieder saubere Fjord, das gute Angebot an öffentlichen Verkehrsmitteln, die fortgeschrittene Abfallverwertung. Weitere soziale Komponenten, die zum Sieg Oslos beitrugen, sind die Dezentralisierung der Macht an die Stadtteile: Ähnlich wie in Bremen gibt es auch hier Stadtteilparlamente. Außerdem wurden die verhältnismäßig geringen sozialen Unterschiede positiv hervorgehoben.

Mmh — da kommt man doch ins Grübeln: Wie war das noch mal mit der Luftqualität im Winter und den wöchentlichen „Zwischenfällen” bei der T-bane ...

typisches Straßenbild in Kragerø-City

typisches Straßenbild in Kragerø-City

So, Pfingsten ist auch vorüber, damit heißt es für uns Norweger eisern durchhalten bis Weihnachten — bis dahin gibt es erst einmal keine Feiertage. Wir haben das lange Wochenende zu einer kleinen Spritztour in den Süden, zur Sørlandsküste, genutzt. Die Sørlandsküste liegt am Skagerrak und erstreckt sich ungefähr zwischen Kragerø im Nordosten und Kristiansand im Südwesten. Es ist eines der beliebtesten norwegischen Feriengebiete. Da Kragerø Oslo am nächsten ist (ca. 215 km), haben wir dort für eine Nacht unser Zelt aufgeschlagen. Was soll man sagen — es ist ein Stück Bilderbuchnorwegen, das wir dort vorgefunden haben. Kragerø ist ein kleiner Ort, an drei Seiten umgeben von Wasser. Das Zentrum besteht aus engen, verwinkelten Straßen, und überall stehen die typischen, teilweise sehr alten, Holzhäuser herum. Hier werden wir auf jeden Fall in diesem Sommer noch einmal herkommen.

Ich weiß, es ist schon Mitte Juni (die Zeit, wo bei mir in Bremen der Heuschnupfen beginnen würde, aber hier merke ich noch nichts), aber trotzdem haben wir erst heute die Reifen gewechselt. Nein, nicht mit unseren Nachbarn, ich meine Winterreifen --> Sommerreifen. Vor dem Reifenwechsel wollte ich halt noch durch die Waschanlage fahren, und wir sind irgendwie nicht eher dazu gekommen. Dafür ist der Wagen jetzt auch gewachst und poliert und ist bei Sonnenschein ohne Augenschutz nicht schmerzfrei anzusehen, weil er so glänzen und strahlen tut. Zum Glück hat hier ja jeder noch die solformørkelsesbriller — also die Brillen von der Sonnenfinsternis, da kann man uns also nix.

Fjordausläufer

Fjordausläufer

Gut, dass ich in diesem Monat mitverdiene, denn Tania hat bloß knapp 8.000 Kronen Gehalt bekommen. Na ja, dafür war das Urlaubsgeld ganz anständig. Also, das ist hier so: Im Urlaub gibt es kein Gehalt. Man kann schließlich kein Geld bekommen, wenn man nicht am Arbeitsplatz ist. Dafür gibt es aber Urlaubsgeld, und das wird — so weit ich weiß — generell vom Staat bezahlt. Dessen Höhe ist wiederum abhängig von der Urlaubslänge: Je mehr Urlaub, desto mehr Kohle. Unterm Strich kam dann doch mehr raus, als in einem „normalen” Monat, und das, obwohl Tania in diesem Jahr nur 16,5 Urlaubstage hat.

Momentan kann man im Hafen von Oslo (direkt an der Festung Akershus) wieder auf eine Vielzahl von Kreuzfahrtschiffen blicken. Allein Himmelfahrt machten fünf Kreuzfahrer fest — da wurde es doch ein wenig eng. Im letzten Sommer besuchten über 100 dieser Luxusschiffe Oslo, in diesem Jahr rechnet man mit einem Anstieg der Schiffsbesuche, da aufgrund der aktuellen Situation (Angst vor Krieg und Terror) viele Anbieter von Kreuzfahrten ihre Routen nach Norden verlegt haben — und das, wo doch Norwegen bei Osama & Friends ganz oben auf der Liste steht ...

„Norwegian Dream” vor Akershus festning

„Norwegian Dream” vor Akershus festning

Tarnold


Oslo, 30. Mai 2003

„Die Deutschen mit ihren Wohnmobilen sind wieder da — wir haben also Sommer! Herzlich Willkommen!” Das habe ich gestern Morgen zufällig im Radio aufgeschnappt. Aber der Sommer scheint auch wettermäßig seinen Einzug in Norwegen gehalten zu haben — zumindest bei uns im Süden. In der vergangenen Woche gab es zwischendurch immer mal wieder Regen, aber die Temperaturen stiegen laufend an. Jetzt haben wir Sonne und über zwanzig Grad, und in der kommenden Woche soll es noch wärmer werden. Das muss aber auch, schließlich bekommen wir morgen wieder Besuch aus Deutschland — die frisch Vermählten Tanja und Volker aus Paderborn haben sich angesagt. Dank des relativ guten Wetters sind wir jetzt auch wieder häufiger mit dem Tandem unterwegs. Da wir ja z.Zt. beide in der Uni arbeiten, bietet sich das schließlich an.

Die nächste Nacht wird kurz: Wir lassen es uns nicht nehmen, uns die Sonnenfinsternis anzuschauen, die sich morgen früh ereignen wird. In Oslo wird gegen 5.40 Uhr die maximale Verfinsterung eintreten. Da die Sonne zu dem Zeitpunkt auch von unserer Webcam erfasst wird, sind wir gespannt, was wir davon „auf die Platte” bekommen. Wenn wir nur unsere solformørkelsesbriller finden könnten ...

Tarnold


Oslo, 20. Mai 2003

Feiernde Norweger im "barnetoget"So, jetzt habe ich schon eine Woche gearbeitet — ich komme ja zu nix mehr! Wie soll ich bloß meine ganzen Projekte, die ich im Kopf habe, verwirklichen?? Im Ernst — ist schon ganz gut, dass ich mal raus komme, obwohl es draußen momentan gar nicht so nett ist. Wir haben jetzt schon seit Ende April eher Aprilwetter — unbeständig, mal Regen, mal Sonne, und Schnee hatten wir Anfang Mai ja auch noch. Nur am letzten Sonnabend, am 17. Mai, da zeigte sich, dass der liebe Gott ein Norweger ist: Pünktlich zum Nationalfeiertag schien die Sonne, so dass die Feierlichkeiten bei bestem Wetter stattfinden konnten — mehr dazu auf der Extraseite zum 17. Mai.

Tja, mein kleines Missgeschick letzte Woche, als ich über den Lenker abstieg, hatte noch so seine Folgen: Am Tag darauf entdeckte ich an meinem Unterarm so komische rote Streifen, die da vorher irgendwie nicht waren. Wir sind dann gleich zur legevakt, zur Unfallstation also. Dort wurde die Wunde dann gereinigt und jetzt muss ich Penicillin schlucken. Inzwischen ist alles OK, trage keinen Verband/Pflaster mehr — macht euch also keine Sorgen ;-) .

Evakuierung aus der T-baneDie T-bane ist auch wieder in den Schlagzeilen: Ausgerechnet am Nationalfeiertag mussten ca. 200 Fahrgäste aus insgesamt vier Zügen evakuiert werden, weil es wieder einmal in einem Zug gequalmt hat. Das war in diesem Jahr der 17. Zwischenfall dieser Art; das Dilemma aus dem letzten Jahr, als es im Schnitt jede Woche einen Brand- bzw. Rauchunfall gab, setzt sich also fort. Hauptproblem sind die alten Waggons: Das Isolationsmaterial ist brennbar, und wenn es irgendwo mal funkt, so wie jetzt, als es im Fahrstand zu einem Kurzschluss kam, dann führt das gleich zu starker Rauchentwicklung. Ein zweites Problem ist das schlechte Krisenmanagement bei Oslo sporveier: Es dauerte über eine Stunde, bis die Feuerwehr bestätigt bekam, dass der Fahrstrom abgeschaltet war — vorher gehen die natürlich nicht in den Tunnel. In der Zwischenzeit haben sich die Fahrgäste selbst auf den nicht ungefährlichen Weg durch die Röhre gemacht. Na ja — wir wollen das Beste hoffen — in zwei Jahren gibt es ja neue Waggons. Bis dahin können die 250.000 Fahrgäste, die täglich die U-Bahn benutzen, weiterhin auf Holz klopfen — bisher ist ja nichts Ernsthaftes passiert.

Tarnold


Oslo, 14. Mai 2003

Mit Tandem und Haake-Beck Maibock vorm Rathaus

Mit Tandem und Haake-Beck Maibock vorm Rathaus

So, das war's dann für das kommende halbe Jahr — Tomaten können wir uns für's erste nicht mehr leisten. Da es seit dem vergangenen Wochenende wieder norwegische Tomaten zu kaufen gibt, wurden die Zölle auf die importierten Tomaten um 12 Kronen je Kilo erhöht, damit sich die norwegischen verkaufen lassen. Wenn ich mich recht entsinne, entspricht die Zollerhöhung ungefähr dem, was man in Deutschland für Tomaten zahlen muss, also ca. € 1,50 bis 1,60.

Andererseits — ich habe ab heute einen Job, zumindest erst einmal für zwei Monate — da ist das eine oder andere Extra schon mal drin — Tomaten zum Beispiel! Ich bekleide die Position eines førstekonsulent an der Uni in Oslo. Meine Aufgabe wird darin bestehen, rund 2000 Webseiten in ein neues Format zu konvertieren. Keine anspruchsvolle Arbeit, aber immerhin ein Anfang im norwegischen Arbeitsmarkt, dazu nicht schlecht bezahlt, zumindest für deutsche Verhältnisse ...

In der Uni versuche ich mich möglichst auf Norwegisch durchzuschlagen. Das klappt auch ganz gut — nur heute fragte mich eine Sekretärin, wo genau aus Dänemark ich denn kommen würde. Als ich antwortete, dass ich Deutscher bin, fragte sie gleich, wo ich denn in Dänemark gewohnt habe. Nun gut — es sei ihr verziehen; selbst Tanias dänische Kollegin attestiert mir ein fast akzentfreies Dänisch, da werden es Norweger noch weniger merken, dass ich kein Däne bin. Es ist auch echt nicht leicht, die Aussprache umzustellen, aber vielleicht klappt es jetzt besser, wenn ich ein bisschen unter Norweger komme.

Autsch!

Autsch!

Tja, heute habe ich echt Schwein gehabt — auf dem Nachhauseweg bin ich bei recht hohem Tempo über den Lenker abgestiegen, aber außer lädierten Flossen ist mir nichts passiert. Auf leicht abschüssiger Strecke musste ich bei einem Kreisverkehr stark abbremsen, weil von links jemand kam. Ich habe auch nur gebremst, weil hinter mir ein (Hardy bitte wegsehen) Streifenwagen fuhr — sonst hätte ich dem anderen doch die Vorfahrt genommen! Als ich so den Asphalt auf mich zukommen sah, dachte ich noch: „Scheiß piggdekk!” Piggdekk — das sind die Spikesreifen, die im Winter so schön den Teer aus dem Asphalt raspeln, so dass die kleinen Steinchen im Asphalt übrigbleiben, an denen jetzt gern die Haut kleben bleibt ...

Ein Höhepunkt eines jeden Jahres ist in Norwegen der 17. Mai, der Nationalfeiertag. Im ganzen Land finden dazu Paraden von Spielmannzügen statt, und am meisten passiert da natürlich in Oslo — „was die Brasilianer ihr Karneval ist den Norweger sein 17. Mai”, könnte man sagen. Wir werden in der nächsten Woche detaillierter davon berichten. Aus diesem Anlass ziehen wir schon mal virtuell die norwegische Nationalflagge über unser Homepage-Logo, quasi als Verbeugung vor unseren Gastgebern, und hoffen bis dahin auf gutes Wetter.

Tarnold


Oslo, 6. Mai 2003

Nun ist es raus: Die Topschlagzeile der Nachrichten im Radio verkündete heute, dass der jüngste Spross des norwegischen Königshauses, die kleine Maud Angelica, am 2. Juli — dem 100. Geburtstag König Olavs (der ja aber nicht mehr lebt) getauft werden soll. Das Wichtigste: Sie wird das Taufkleid tragen, das von ihrer Ururgroßmutter Prinzessin Ingeborg 1920 genäht wurde und in dem seither alle norwegischen und dänischen Nachkommen von Prinzessin Ingeborg und Prinz Carl getauft wurden. Nun gut — wir wollen hier jetzt nicht weiter ins Detail gehen, was die verwandschaftlichen Verhältnisse anbelangt. Auf jeden Fall werden wir euch weiter über die spannenden Geschichten aus dem norwegischen Königshaus auf dem Laufenden halten — versprochen!

Der Frühling ist nun da, auch wenn wir wettermäßig immer noch leichte Nackenschläge bekommen. Am letzten Sonnabend zum Beispiel war draußen wieder alles weiß bei ca. 2 °C — die Winterreifen haben wir jedenfalls noch drauf. Dennoch — Frühling bedeutet für den gemeinen Norweger, die Hütte wieder „in Betrieb” zu nehmen. Dazu gehört offenbar auch (oder zu allererst?), sich um eine anständige Beflaggung zu kümmern. Wie sonst ist es zu erklären, dass eine Supermarktkette in dieser Woche Fahnenmasten samt Beflaggung im Angebot hat: 6 m Fahnenmast Alu eloxiert, zusammen mit einer Flagge (200 cm) und einem Wimpel (250 cm) für nur 1490 Kronen (ca. 190 Euro).

Ja, mit den Flaggen nehmen die Norweger es recht genau. Das konnten wir z.B. am 1. Mai feststellen. An Feiertagen darf von jedermann die offizielle Nationalflagge gehisst werden (und nicht nur der „profane” rot-weiß-blaue Wimpel), und so sahen wir an diesem Tag an vielen Häusern die norwegische Flagge wehen, auch dort, wo sonst keine Flagge bzw. Wimpel zu sehen ist. Besonders merkwürdig sahen ein paar Hochhäuser aus: An jedem Balkongeländer steckte ein kleiner Fahnenmast mit Flagge — eine über der anderen.

So, der regelmäßige Besucher von ZBiO wird's vielleicht schon bemerkt haben — es gibt eine Erweiterung des Serviceteils von ZBiO: Im Menü unter Tageslänge könnt ihr euch die Sonnenauf- und -untergangszeiten für Oslo und Bremen für ein bestimmtes Datum anzeigen lassen — damit ihr sehen könnt, wie hell bzw. dunkel es gerade bei uns ist im Vergleich zu Bremen.

Und damit hier niemand den Überblick verliert, könnt ihr seit ein paar Tagen unter Suche unsere Homepage nach beliebigen Begriffen durchsuchen lassen.

Tarnold


Oslo, 29. April 2003

FlaggeHurra! Hurra! Hurra! Nachwuchs im norwegischen Königshaus! Heute Abend hat Prinzessin Märtha Louise ihr erstes Kind zur Welt gebracht, es ist ein Mädchen mit Namen Maud Angelica. Eltern, Großeltern und alle anderen im Lande sind überglücklich und zu Tränen gerührt ... ;-)

Oslo, 27. April 2003

Supersonnenwetter am Oslofjord

Supersonnenwetter am Oslofjord

Na, da habt ihr aber alle Glück gehabt, da wo ihr hier wart! In den vergangenen drei Wochen hatten wir ja Spitzenwetter; der Höhepunkt wurde zweifellos am Dienstag nach Ostern markiert, als wir offizielle 20,5 °C erreichten — das bisherige Jahrestemperaturmaximum. Aber auch während der übrigen Tage schien hier ja dauernd die Sonne, so dass wohl alle Oslobesucher mit gesundem Teint zurück nach Hause fuhren.

Diese Schönwetterperiode ist nun zweifellos vorbei — heute haben wir 2 °C, Schneeregen und heftigen Nordwind. Tania hat unseren Ofen wieder angeheizt.

Dennoch — die Wärme der vergangenen Woche hat auch hier den Frühling voran gebracht: Zartes Grün ist an den meisten Bäumen und Sträuchern auszumachen, und Schnee liegt auch nur noch oberhalb von ca. 300 Metern, vor allem in den schattigen Lagen.

Tania und Salz bei einem Schluck heimischen Bieres

Tania und Salz bei einem Schluck heimischen Bieres

ALDI KOMMT — so lautet zumindest ein Gerücht aus gut unterrichteten Kreisen! Eine große Aldi-Delegation aus Deutschland und Dänemark hat in den vergangenen Wochen norwegische Läden besucht, um Angebot und Preise zu notieren. In erster Linie ist es wohl Lidl zu verdanken, dass Aldi nun auch nach Norwegen kommt: Lidl wird in diesem Jahr die ersten Läden in Norwegen eröffnen, und in der Vergangenheit hat sich in anderen Ländern gezeigt, dass Aldi dorthin geht, wo Lidl ist (und umgekehrt).

gefühlvoll streicht der Daumen über das neue Relief der Beck's-Dose ...

gefühlvoll streicht der Daumen über das neue Relief der Beck's-Dose ...

Und noch eine gute Nachricht: Vielleicht wird im nächsten Jahr das Bier billiger, zumindest in Dänemark und Schweden. Im Jahre 2004 wird nämlich die 24-Stunden-Regel für den Grenzhandel zwischen Dänemark und Deutschland aufgehoben; das bedeutet, dass Dänen in Zukunft ohne Einschränkungen in Deutschland einkaufen können. In Dänemark überlegt man daher, die Abgaben, die beispielsweise auf Bier zu entrichten sind, auf deutsches Niveau zu senken, damit nicht alle Dänen im dänisch-deutschen Grenzgebiet nach Deutschland zum Einkaufen fahren. Schweden soll sich dem anschließen. Na, mal abwarten ...

Und die Tage werden auch immer länger. Ich weiß, in Bremen auch, aber hier werden die Tage eben noch länger: Die Zeit zwischen Sonnenauf- und -untergang ist heute um 51 Minuten und die Dämmerungszeit um 74 Minuten länger als in Bremen.

Tarnold


Oslo, 20. April 2003

Sognsvann: immer noch begehbar

Sognsvann: immer noch begehbar

Wahnsinn, was wir hier für ein Wetter haben! Seit mehreren Wochen scheint hier jetzt ohne Unterbrechung die Sonne (zumindest tagsüber) — den letzten Regen hatten wir am 2. April, und davor war das Wetter ja auch schon gut. Allerdings sieht es draußen wärmer aus, als es ist. Die Höchsttemperaturen lagen in den letzten Tagen so bei 16-17 °C im Schatten, und oberhalb der Holmenkollen-Sprungschanze kann man immer noch Ski fahren. Gestern haben wir uns schon einen leichten Sonnenbrand geholt, als wir den Nachmittag auf unserem Balkon verbrachten. Bei mir ist allerdings nur die linke Gesichtshälfte gerötet, daher muss ich nachher noch einmal raus — dann ist die andere Seite dran.

Auf Balkonien

Auf Balkonien

Im Moment sind wir ein wenig im Besuchtwerdenrausch; während der vorletzen Woche waren meine Eltern hier, letzte Woche Anne, Martin und Tina, und in der kommenden Woche erwarten wir Andrea, Salz und Emma.

So, ich muss Schluss machen, denn wir müssen noch etwas für unsere Biervorräte tun ...

Tarnold


Oslo, 10. April 2003

In Oslo ist in diesen Tagen Großreinemachen angesagt: Bis zum 17. Mai (dem Nationalfeiertag) werden alle Straßen, Fuß- und Radwege gesäubert. Und da schwingen nicht einfach nur ein paar Leute von der Stadt lustig den Besen, nein, die ganze Sache ist etwas aufwändiger: Bevor eine Straße gereinigt wird, werden entsprechende Schilder ca. 24 Stunden vorher aufgestellt, denn speziell in der Innenstadt müssen die zu reinigenden Straßen autofrei sein. Der Reinigungstag beginnt dann mit dem Abschleppen der Fahrzeuge, die von ihren Eigentümern zuvor nicht entfernt wurden. Anschließend wird zur Vermeidung von Staub die Straße gewässert. Eine Kehrmaschine nimmt sich dann des Schmutzes an, wo da auf der Straße liegt. Eine weitere Maschine löst den Schmutz in den Rinnsteinen, eine spezielle Maschine nimmt den gelösten Dreck auf. Schließlich fährt noch ein Saugfahrzeug durch die Straße, um den feinen Staub aufzunehmen. Zu guter letzt kommt noch ein Reinigungsfahrzeug für Fuß- und Radweg zum Einsatz, und das war's. Im letzten Jahr kamen bei der Reinigungsaktion über 8000 Tonnen Dreck zusammen — ich kann mir gut vorstellen, dass es in diesem Jahr noch mehr wird, weil der Winter länger war und möglicherweise mehr Split gestreut wurde.

Einer der zwei in der norwegischen 1. Fußballliga (Eliteserien) vertretenen Fußballclubs aus Oslo, Vålerenga IF, hatte vor kurzem eine etwas unkonventionelle Art, sich für einen Sponsor zu entscheiden. Zwei Brauereien konkurrierten um den Zuschlag. Da die Angebote der Brauereien wirtschaftlich gesehen ähnlich waren, tat der Vereinsvorstand sich schwer, eine Entscheidung zu treffen. Schließlich wurden Spielertrainer Kjetil Rekdal (dem fußballinteressierten Leser von ZBiO vielleicht noch als Spieler von Hertha BSC bekannt), ein weiterer Spieler, zwei Mitglieder des Fanclubs Klanen sowie drei Vereinsmitglieder um Mithilfe gebeten. Da es sich bei den zukünftigen Sponsoren um Brauereien handelte — was lag da näher, als einen Blindtest durchzuführen? Nichtsahnend tranken die eingeladenen Spieler und Vereinsmitglieder die Produkte der Brauereien und stimmten schließlich ab. Auf diese Weise wurde die langjährige Zusammenarbeit zwischen Vålerenga und der Ringnes-Brauerei beendet — der neue Sponsor und Lieferant für Wasser und Brause ist die Hansa-Brauerei.

Die Fans sind nicht so zufrieden mit der Wahl des Sponsors. Ringnes hat seinen Firmensitz schließlich in Oslo, während Hansa aus Bergen stammt, der Stadt des Ligakonkurrenten Brann Bergen. Man stelle sich vor, im Weserstadion würde statt Haake-Beck plötzlich Holsten oder Paulaner ausgeschonken werden ... Welche sonstigen Auswirkungen der Sponsorwechsel mit sich bringt, können wir erst ab dem 12. April feststellen — dann beginnt hier die neue Fußballsaison. Vålerenga muss zu den „Bayern Norwegens”: Rosenborg Trondheim, jenem Verein, wo „uns Rune” immer noch Sportdirektor ist und da wo seit 1992 jede Meisterschaft gewann.

Und wieder gibt es etwas umwerfend Neues hier bei ZBiO: Der ZBiO-Webcamfotoserver ist online! Ein spezieller Service für diejenigen unter euch, die mal das eine oder andere Foto unserer Webcam verpasst haben. Hier habt ihr jetzt Gelegenheit, euch alles noch einmal in Ruhe anzuschauen ;-)

Tarnold


Oslo, 2. April 2003

seltene Kombination: Schnee & Haake-Beck Maibock

seltene Kombination: Schnee & Haake-Beck Maibock

So, lange Zeit nichts mehr geschrieben an dieser Stelle. Es gibt allerdings nicht viel Neues bei uns. Nur soviel: Die offizielle Schneehöhe ist endlich auf 0 gesunken, auch wenn unsere Webcam momentan noch ein anderes Bild „zeichnet”. An manchen Ecken sieht es ein kleines bisschen nach Frühling aus: Die Schneeglöckchen blühen, und den Bäumen sieht man schon leichte Knospen an, wenn man genau hinschaut. Die Vögelchen zwitschern, und in der Sonne ist es auch schon ziemlich mollig. Das hat uns gestern auch veranlasst, Möbel für unseren Balkon zu kaufen. Wir waren bei Ikea und haben uns zwei Stühle und einen kleinen Tisch vom Typ Bollö zugelegt.

Die Tage werden auch immer länger. Gerade seit dem letzten Wochenende hat es irgendwie einen Schub gegeben ... Nee, im Ernst — ich habe es gerade sozusagen amtlich festgestellt: Heute ist die Spanne zwischen Sonnenauf- und -untergang in Oslo bereits 17 Minuten länger als in Bremen — da kann man doch nicht meckern.

Auch wenn Tania in der Uni momentan nicht so viel Spaß hat, so haben wir zumindest ihre neue Uni-Homepage fertiggestellt. Wenn ihr schon immer mal wissen wolltet, was die Frau so tat und tut, müsst ihr dort nur einmal nachschauen.

Tarnold


Oslo, 19. März 2003

Heute ist's passiert — ich bin zum ersten Mal seit dem Winter wieder mit dem Fahrrad gefahren! Ui — da war ich doch ganz schön außer Atem, nachdem ich die Hügel hier erklommen habe. Merkt man schon, dass man sich ein halbes Jahr lang nicht bewegt hat.

Zuvor war ich aber eine ganze Weile damit beschäftigt, die Räder wieder etwas auf Vordermann zu bringen — die standen ja den ganzen Winter über draußen in einem Schneehaufen. Schlösser und Ketten lechzten nach Caramba und Öl.

Vor knapp zwei Wochen schrieb ich noch vom erneuten Wintereinbruch, nun haben wir seit etwas über einer Woche offiziell Frühling: Laut dem meteorologischen Institut ist Frühling, wenn die Tagesdurchschnittstemperaturen in Oslo zwischen 0 und 10 Grad liegen; statistisch gesehen ist das zwischen dem 17. März und dem 10. Mai der Fall. In diesem Jahr hielt der Frühling somit rund eine Woche vorher Einzug. Nun wollen wir aber nicht gleich übermütig werden — hier liegt immer noch reichlich Schnee, vor allem in den schattigen Bereichen. Dennoch: Da hier seit Tagen die Sonne scheint, brauchen wir in unserer Wohnung nicht mehr zu heizen (mal abgesehen vom Bad, weil dort ja unser Bier gären muss), obwohl es nachts immer noch friert und tagsüber selten über 10 °C warm wird.

Dr. Michl: Hier noch in Bremen — ab 20.03. in Uppsala

Dr. Michl: Hier noch in Bremen — ab 20.03. in Uppsala

In der vergangenen Woche waren wir für knapp 60 Stunden in Bremen — Anlass war das Promotionskolloquium von Michl, einem ehemaligen Kollegen von Tania an der Bremer Uni. Für Tania war es offiziell eine Dienstreise, denn sie hat immer noch keinen Anspruch auf Urlaub (den bekommt man hier erst, wenn man mindestens ein Jahr gearbeitet hat). Wir hätten ja gern den einen oder anderen noch besucht, aber die Zeit hat wirklich nicht gereicht. Mehr als gründlich (billig) einkaufen (nur so bekommt man die Fahrtkosten von rund 350 Euro wieder raus), Eltern besuchen und auf die Promotionsparty gehen war einfach nicht drin.

Trotzdem haben wir es geschafft (dank der tatkräftigen Unterstützung durch Tanias Vater), eine weitere Kiste Ahornberger Landbier zu leeren. Das Leergut haben wir jetzt hier, die Flaschen brauchen wir für unser eigenes Bier. Gerade haben wir wieder gebraut — diesmal ein ganz einfaches helles Lager — und ein herrlicher Duft von Malz und Hopfen wabert durch unsere Wohnung ... mmmmhhhhhh, das macht Appetit auf mehr. Bis dahin

Tarnold

P.S.: Für die „Offline-Archivare” unter euch: Unsere Seiten sollten sich jetzt besser (sprich farbsparender) ausdrucken lassen — nur leider klappt das nicht mit Netscape 4.


Oslo, 7. März 2003

So, der Winter hat uns wieder. Nachdem wir in den letzten Tagen zunächst auch tagsüber wieder Frost hatten, kam dann vorgestern — pünktlich zu den zur Zeit laufenden Wettbewerben am Holmenkollen — wieder der Schnee hinzu. Insgesamt sind knapp 15 cm gefallen. Aber die „weiße Pracht” wird sich wohl nicht mehr lange halten. Bereits heute taute es kräftig, und auch für die kommenden Tage ist Tauwetter mit Temperaturen bis +9 °C angesagt. So langsam reicht es auch wirklich mit dem Schnee — seit dem 13. November haben wir durchgehend damit zu tun, und es liegen immer noch 46 cm.

Karneval ist ja zum Glück auch wieder vorbei. Durch das deutsche Fernsehen haben wir auch ein bisschen davon mitbekommen. Hier ist es ja ruhig in dieser Beziehung; es gibt in Norwegen ja keine Katholiken — na ja gut, es sind immerhin 42.546, im ganzen Land wohlgemerkt (Moslems haben wir über 62.000 — zumindest die da wo Mitglied in eingetragenen Glaubensgemeinschaften sind). Haben in Bremen wieder die albernen Sambagruppen rumgelärmt? Da hat man es hier ja gut in der Beziehung — hier gibt es so etwas zum Glück nicht (ich stelle mir gerade vor, in Oslo würde es einen ausschweifenden Karneval rheinischer Natur geben — wer soll denn das bezahlen??).

„... wolle' mer se rauslasse?”

„... wolle' mer se rauslasse?”

Ich konnte in diesem Jahr dem Karneval doch etwas Gutes abgewinnen: Spiegel ONLINE brachte ein paar Fotos von den Umzügen. Dieses Bild von unserer (eurer?) Oppositionsführerin Arschkriechgelika Merkel fand ich so geil, dass ich nicht umhin komme, es hier den Besuchern von ZBiO zu zeigen (beim Spiegel geht es vielleicht doch eher unter).

Abwechslung ist angesagt! Ab heute wollen wir aus unserer Webcam wieder etwas mehr herausholen und euch von nun an abends — ich sach mal so ab 20.00 Uhr — ein abwechslungsreiches Programm bieten: Wenn wir uns in unserem Arbeitszimmer aufhalten, wird die Kamera von nun an nach innen blicken. Damit das Gemecker hier aufhört ...

Tarnold


Oslo, 27. Februar 2003

oppholdstillatelse

oppholdstillatelse

Geschafft! Letzten Mittwoch war es soweit: Ich bekam meine oppholdstillatelse, meine Aufenthaltsgenehmigung also. Ich bin somit kein Illegaler mehr! Das wurde aber auch Zeit — die Bearbeitung meines Antrages hat rund drei Monate gedauert, dabei war es ja nur eine Formsache. Na ja — dafür haben die Leute vom Ausländeramt auch meine Geburtsurkunde und die Heiratsurkunde behalten — mal sehen, wann (oder ob?) ich die zurückbekomme.

Der byrådsleder von Oslo (so etwas wie der Bürgermeister) selbst musste auf die Schnauze fallen, ehe (vielleicht) etwas passieren wird. Die Rede ist hier von den unglaublichen Verhältnissen, die auf Oslos Fußwegen vorherrschen. Trotz des vielen Schnees, der in diesem Winter auf Norwegens Hauptstadt niederging, wurden die meisten Fußwege nicht geräumt. Durch die momentane Wetterlage, die uns tagsüber Plusgrade, nachts aber immer wieder Frost bringt, sind die Fußwege eigentlich unpassierbar geworden: Eine dicke Eisschicht bedeckt überall in der Stadt den Gehweg. Stellenweise wurde zwar Split gestreut, aber nützen tut das wenig. Am meisten Spaß macht es, bergab auf vereisten Wegen zu laufen — mit dem gestreuten Split fühlt es sich dann so an als würde man auf Erbsen laufen. Täglich landen im Schnitt 16 Personen auf der Unfallstation, um ihre mehr oder weniger schweren Verletzungen versorgen zu lassen.

Fußweg in OsloDabei ist klar definiert, wer wie wo was zu streuen hat: Innerhalb des Ring 2 müssen die Grundstückseigentümer dafür sorgen, dass der Bürgersteig begehbar ist, außerhalb des Ring 2 hat die Kommune dafür zu sorgen. Nur leider hält sich niemand daran. Und jetzt, wo sich Oslos höchstes politisches Organ lang gemacht hat, jetzt soll plötzlich etwas passieren: Für den Rest des Winters soll überall die Stadt die Fußwege räumen. Da sind wir ja mal gespannt — wahrscheinlich kommt eher das große Tauwetter, als dass die kommunalen Schneefeger kommen, denn auch vor öffentlichen Grundstücken oder außerhalb des Ring 2, wo die „öffentliche Hand” bis jetzt ja auch schon streuen und räumen müsste, sieht es häufig nicht anders aus als vor Privatgrundstücken.

Und da denkt man immer, Mensch — die Norweger, die wissen, wie man mit Winter umzugehen hat. Nee nee, da bleibe ich lieber drin ...

Und hier noch schnell das Ergebnis der neuesten Umfrage: 70% der Norweger sind der Meinung, dass Norwegen die Haltung Frankreichs und Deutschlands in der Irak-Frage unterstützen sollte. Dieses Umfrageergebnis könnte die derzeitige Regierung etwas unter Druck setzen, zumal auch die Anhänger der (konservativen) Regierungsparteien mehrheitlich den deutsch-französischen Kurs unterstützen.

Tarnold

P.S.: Etwas Neues gibt es auf unserer Webcam-Seite — monatlich gibt es dort einen kleinen Film („Ein Tag in 24 Sekunden”) zu sehen.


Oslo, 18. Februar 2003

Das beherrschende Thema der vergangenen Tage war natürlich auch in Norwegen der drohende Krieg gegen den Irak. In einer Meinungsumfrage gaben 57% der befragten Norweger an, sie seien gegen einen von der UN per Resolution gebilligten Irak-Krieg. Sollte eine entsprechende UN-Resolution ausbleiben, sind 88% der Befragten gegen Militäraktionen. Inwieweit die Umfrageergebnisse auch Einfluss auf die norwegische Politik haben werden, ist abzuwarten. Die offizielle Haltung sieht momentan so aus, dass man zunächst eine Entscheidung des Sicherheitsrates abwartet, bevor man etwas über eine eventuelle norwegische Beteiligung beschließt. Die USA haben auf jeden Fall schon mal nachgefragt, wie es denn mit materieller/personeller Unterstützung aussieht.

Auch in Norwegen wurde am Sonnabend gegen einen Krieg im Irak demonstriert. Landesweit gingen ca. 100.000 Menschen auf die Straße, allein in Oslo waren es 60.000 Teilnehmer. Diese Zahlen sehen für deutsche Verhältnisse nicht so beeindruckend aus, aber für Norwegen ist das schon eine ganze Menge, schließlich waren über 2% der Bevölkerung dabei. Es waren auch hier die größten Demonstrationen aller Zeiten; noch nie haben landesweit so viele Menschen demonstriert. Auch in Oslo gab es bisher keine größere Demo. Der bisherige „Rekord” lag bei 30.000 Teilnehmern — und stammt aus dem Jahr 1946. Damals gingen die Leute auf die Straße, um den Bau einer Stromleitung durch die Wälder der Nordmark zu verhindern, was ihnen allerdings nicht gelang.

Tarnold


Oslo, 2. Februar 2003

Und schon ist wieder alles weiß!

Und schon ist wieder alles weiß!

Da hatten wir in der letzten Woche gehofft, dass der Schnee endlich wegtauen würde, aber das war dann doch nichts. Hier und dort lugte zwar das spärliche Grün zwischen einzelnen Schneeflächen hervor, aber ein Wetterumschwung mit Temperaturen bis -15 °C bereitete dem Tauwetter ein jähes Ende. Inzwischen haben wir seit zwei Tagen zwar wieder wärmeres Wetter, dafür schneit es aber auch unaufhörlich — vom 1. auf den 2. Februar stieg die offizielle Schneehöhe von 9 auf 30 cm. Ein kleiner Trost bleibt uns: In ca. einer Woche werden wir die (statistisch) kältesten Tage des Winters hinter uns haben, bis zum Monatsende wird die Durchschnittstemperatur statistisch gesehen unaufhörlich ansteigen bis auf ca -2,5 °C. Der Frühling naht also!

Dementsprechend haben wir uns natürlich auch schon darauf vorbereitet: Gestern haben wir unseren Maibock angesetzt. Wenn alles gut verläuft, werden wir Anfang März ein (hoffentlich) leckeres Starkbier haben. Da so ein Maibock natürlich mehr Rohstoffe benötigt als ein normal starkes Bier, wird es am Ende rund doppelt so teuer sein. Was tut man nicht alles der Tradition wegen (nicht vergessen: Haake-Beck Maibock in Flaschen gibt es üblicherweise ab dem vorletzten Februarwochenende zu kaufen).

Womit wir auch bei einem der wichtigsten Themen norwegischer Innenpolitik wären — der Alkoholthematik: In der vergangenen Woche gab es in einer der wichtigsten Zeitungen Norwegens nicht weniger als sechs Artikel, die sich in irgendeiner Form mit Alkohol befassten.

rusbrusSchon fast ein Politikum: rusbrus. Rusbrus (sprich rüsbrüs) heißt wörtlich übersetzt Rauschbrause. Dabei handelt es sich um alkoholhaltige Erfrischungsgetränke mit einem Alkoholgehalt nicht über 4,75 vol.-%, die seit dem 01.01.2003 im Supermarkt (und nicht mehr nur in den Monopolläden) verkauft werden dürfen — natürlich nur an Erwachsene. Es gibt diese Getränke in allen erdenklichen Geschmacks- und Farbrichtungen. Eines ist ihnen allerdings gemein: Sie sind allesamt unendlich süß.

Seitdem diese Leckereien nun quasi frei erhältlich sind, ist der Verkauf schlagartig angestiegen. Flaschen- und umsatzmäßig verkaufen sich nur Ringnes øl und Coca-Cola besser als rusbrus. Der erwartete Umsatz wird sich gegenüber dem letzten Jahr, als es diese Getränke nur in den Monopolläden gab, vermutlich verzehnfachen.

Und schon werden die ersten Stimmen laut, die wieder eine Einschränkung des Verkaufs fordern, und am lautesten tönt es dabei aus den Reihen der traditionell genussmittelfeindlichen KrF (laut einer aktuellen Umfrage gibt es unter den Wählern dieser Partei nur rund 6% Raucher). Die würden am liebsten auch das Bier komplett in die Monopolläden verbannen. Nicht ohne Grund kommt diese Partei in Umfragen nur noch ungefähr auf die Hälfte der Wählerstimmen, die sie bei der letzten Storting-Wahl hatte; sie liegt nur noch bei ca. 6,5% ... da kann sie auch ruhig bleiben!

Wir sind nun doch froh, erst im letzten Jahr nach Norwegen gekommen zu sein, und nicht schon zehn Jahre früher. Gerade in den letzten Jahren hat sich viel getan, was die sogenannten utesteder (also Kneipen und Restaurants) anbelangt. Noch weiter zurück, in den 60ern, gab es in den Restaurants kaum genießbare Getränke; an Weinen gab es billige Produkte aus rumänischer oder bulgarischer Herstellung, die man kaum durch den Hals bekam. Und auf dem Lande herrschten Trinksitten, wie man sie auch heute noch als „typisch norwegisch” ansieht: Dort wurden die harten Sachen verabreicht, und getrunken wurde bis zum Umfallen. Derartige Trinkgewohnheiten stammten übrigens aus der Zeit nach dem ersten Weltkrieg und hielten sich recht lange.

Noch in den siebziger Jahren gab es gerade einmal einen italienischen Wein — einen sauren Chianti in bastumflochtener Flasche, die sich hinterher hervorragend als Kerzenständer eignete. Ganze Weinregionen fehlten einfach im Angebot, das ansonsten hauptsächlich aus süßen deutschen Mosel- und Rheinweinen sowie aus Champagner und Bordeaux bestand.

Zwei Entwicklungen ist es zu verdanken, dass zumindest das Angebot an alkoholischen Getränken ein für uns gewohntes Niveau hat: Zum einen sind im Zuge des wachsenden Wohlstandes die Norweger ein bisschen 'rumgekommen in der Welt und haben festgestellt, dass es auch noch andere Weine gibt als die, die sie bis dahin zu Hause kaufen durften. Dementsprechend gab es eine Änderung der Ess- und Trinkgewohnheiten, in deren Fahrwasser auch neue, andere Kneipen und Restaurants entstanden. Letztendlich haben wir der EU zu verdanken, dass das Getränkeangebot in den Monopolläden das heutige Niveau erreicht hat: Auf der Liste stehen mehr als 220 Rotweine allein aus Piemont.

Auch die Anzahl utesteder hat sich vervielfacht: Gab es 1980 noch 2257 Kneipen und Restaurants, sind es inzwischen rund dreimal so viel; die Anzahl der Schänken, die Schnaps verkaufen dürfen (das darf natürlich nicht jeder), hat sich seit 1980 verzehnfacht — heute sind es über 4600. Dennoch verfehlt die Alkoholpolitik in Norwegen (soll heißen: Zugriff auf Alkohol erschweren) ihre Wirkung nicht: Der gemeine Norweger über 15 Jahre verkonsumiert pro Jahr ca. 5,6 Liter reinen Alkohol; das entspricht der Menge, die statistisch jeder Deutsche alleine an Bier trinkt. Der Pro-Kopf-Verbrauch in Deutschland liegt z.Zt. bei 10,5 Litern reinen Alkohols pro Jahr, und zwar ohne die Einschränkung auf die Bevölkerungsgruppe, die wo älter als 15 ist. Da haben die Norweger also noch einiges aufzuholen. Die Schweden sind da scheinbar auf dem richtigen (?) Weg: Dort liegt der Pro-Kopf-Verbrauch inzwischen bei 9,8 Litern (= EU-Minimum), Tendenz steigend.

Nun wäre natürlich noch interessant zu erfahren, wie groß der Heimbrau- und -brennanteil so ist. Gerade erst ist in Oslo ein sogenannter HB-Apparat (da wird man als Bremer natürlich besonders neugierig ... bedeutet „Heimgebrannt-Apparat” — also ein Destilliergerät) explodiert — dumm gelaufen!

In Schweden bilanzierte man dieser Tage den Alkoholverkauf in den dortigen Monopolläden, und man ist dort recht stolz auf uns Norweger! Der Gesamtverkauf von Alkoholika stieg im vergangenen Jahr um zehn Prozent, und das Wachstum ist am größten, wo Norwegen am nächsten ist: in Värmland und in Strömstad. Rund ein Prozent des zehnprozentigen Wachstums wird auf Norweger zurückgeführt; insgesamt beträgt der norwegische Anteil rund 3% des Gesamtverkaufs in den schwedischen Alkoholläden. Und die Schweden haben es wirklich gut: In jedem Jahr werden dort die Quoten erhöht: Z.Zt. darf man 6 Liter Schnappes, 52 Liter Wein und 64 Liter Bier zollfrei aus EU-Ländern importieren, und zum 01.01.2004 werden diese Mengen jeweils verdoppelt. Seufz! Wenn diese Mengen in Norwegen gelten würden — da würde sich glatt der Kauf eines größeren Wagens lohnen, um diese Mengen regelmäßig importieren zu können ...

So ist es denn nicht verwunderlich, dass in Strömstad, der Stadt in Schweden, dessen Monopolladen der umsatzmäßig größte im Lande ist, am Wochenende norwegisch gesprochen wird. Dabei geht es natürlich nicht nur um den Kauf von alkoholischen Getränken: Lebensmittel und Güter aller Art werden genauso gebunkert wie auch Autos: Zwei Drittel aller in Strömstad verkauften Autos gehen nach Norwegen. Eines haben wir auf jeden Fall beschlossen: Wir werden uns einen kleinen Gefrierschrank zulegen, damit wir von unseren zukünftigen Einkaufstouren in Schweden lohnende Mengen mitbringen und lagern können. Die Preise allein für Nahrungsmittel liegen in Schweden im Schnitt um ca. 35% unter den norwegischen Preisen. Eine vierköpfige Familie würde über 20.000 Kronen im Jahr sparen, wenn in Norwegen nur die Lebensmittelpreise auf schwedisches Niveau sinken würden.

Tarnold


Oslo, 21. Januar 2003

So, jetzt haben wir es schwarz auf weiß: Oslo ist bei den Lebenshaltungskosten weltweit die drittteuerste Stadt und musste sich nur Tokio und Osaka geschlagen geben. Da sage noch einer, London sei ein teures Pflaster — die liegen abgeschlagen auf Platz sieben!

Wer sich am vergangenen Wochenende aufmerksam durch diese Homepage geklickt hat, der wird bemerkt haben, dass wir Besuch hatten (dokumentiert durch ca. 70 Fotos unserer Webcam). Unsere Freunde Anne und Frode aus Fredrikstad waren bei uns. Ich (A.) hatte die beiden seit Mai nicht mehr gesehen, obwohl ich auf meinen diversen Fahrten nach Oslo bzw. Bremen inzwischen neun Mal an Fredrikstad vorbeigefahren bin. Dass ich nie angehalten habe liegt natürlich daran, dass ich entweder gerade elf Stunden Fahrt hinter mir (da will man eigentlich nur noch nach Hause) oder noch vor mir hatte (da will man erst mal ein bisschen Strecke machen, bevor man pausiert). Dementsprechend hatten wir also etwas zu feiern, was wir auch kräftig gemacht haben. Daher haben wir zur Zeit kein selbstgebrautes Bier mehr, aber ca. 65 Liter befinden sich im Moment in unterschiedlichen Gärphasen — es wird nicht mehr lange dauern, dann wird es wieder frisches Tarnoldbräu geben!

Kommt der Krieg gegen den Irak oder kommt er nicht? Auch hierzulande wird darüber viel diskutiert. Innerhalb der Bevölkerung sieht die Stimmung ähnlich aus wie in anderen westeuropäischen Ländern — rund 60% sind generell gegen den Krieg, auch bei einer entsprechenden Resolution der UNO. Innerhalb der rechtsliberalen Regierung Norwegens sieht das etwas anders aus. Die stärkste Regierungspartei (Høyre (= „Rechts”)) steht einem Krieg, sofern er von der UNO abgesegnet ist, eher lockerer gegenüber. Die beiden anderen Parteien, die Kristelig Folkeparti und Venstre (= „Links”) haben da ihre Schwierigkeiten, weil sie in ihren Reihen sehr viele Pazifisten und Kriegsgegner haben. Aber noch ist ja nichts entschieden, auch noch nicht über einen eventuellen norwegischen Beitrag.

Ach ja, etwas Neues gibt es auf dieser Website auch noch: Einen Kurzbericht über unsere erste Online-Videokonferenz zu dritt.

Tarnold


Oslo, 13. Januar 2003

Es ist geschafft — wir haben zum ersten Mal seit November wieder Temperaturen über null Grad: Gestern wurde ein Maximum von 0,2 Grad gemessen, und die kommenden Tage sollen auch im positiven Bereich liegen! Das ist auch gut so — durch die Inversionswetterlage (Kaltluft am Boden, Warmluft darüber) und mangelnden Wind hatten wir in Oslo in der vergangenen Woche sehr schlechte Luft, bedingt durch Autoverkehr und die Rauchschwaden, die den privaten Kaminen und Öfen entwichen. Tagsüber konnte man gut eine graubraune Abgasschicht in ca. 100-150 m Höhe (s. Abb.) erkennen. Die Messwerte ergaben, dass die Luft in Oslo ebenso schlecht war wie in Mexico-City oder Kairo. Empfindlichen Menschen, also bspw. Asthmatikern, wurde empfohlen, nicht raus zu gehen. Kindergärten wurden angehalten, die Kinder nicht im Freien spielen zu lassen.

Abgasschwaden über Oslo

Das ist nun vorüber. Auch für uns hat das wärmere Wetter Konsequenzen: Unsere Heizkörper laufen nicht mehr „volle Pulle”, und die Temperaturen in unserem kältesten Zimmer (dem Arbeitszimmer, wo ich den ganzen Tag sitze — gibt es eigentlich beheizbare Mäuse?) kratzen an der 20 °C-Marke. Ich habe im Moment tatsächlich nur einen Pullover an!

Das frühlingshafte Wetter habe ich am Wochenende genutzt, um ein paar Außenarbeiten zu verrichten: Ich habe unsere neue Aldi-Satellitenanlage angebracht. Bisher mussten wir uns fernsehtechnisch mit dem Empfang via Zimmerantenne zufriedengeben; eigentlich konnten wir nur einen TV-Kanal in akzeptabler Qualität empfangen. Das ist nun anders! Überraschend schnell ist es mir gelungen, die richtigen Satelliten anzuzapfen, und nun können wir wieder in gewohnter Qualität fernsehen. Schade nur, dass wir keine norwegischen Kanäle 'reinbekommen — leider werden alle norwegischen Programme verschlüsselt ausgestrahlt, sogar die „öffentlich-rechtlichen”. Da bleibt uns eben nichts anderes übrig, als deutsche Sender über Satellit und die norwegischen weiter über Antenne zu sehen.

Tja, und dann gibt es noch Erfreuliches aus dem norwegischen Finanzministerium zu berichten! Es ist zwar nur ein kleiner Schritt für Europäer, aber ein großer für Norweger ... Die Zolleinfuhrquoten für Lebensmittel wurden gelockert!! Seit dem 10. Januar gibt es keine Gewichtsbeschränkung mehr bei der Einfuhr von Lebensmitteln (bisher 10 kg pro Kopf); nur bei Käse und Fleisch gibt es noch Einschränkungen (jetzt 10 kg), alles andere kann bis zu einem Wert von 6000 Kronen (ca. € 820,-) eingeführt werden. Das sind natürlich echte Perspektiven — kommt uns bloß alle besuchen!

Na ja, beim Bier ist alles beim Alten geblieben :-(

Tarnold


Oslo, 6. Januar 2003

Na, alle wieder nüchtern? Da sind wir also wieder, und wir hoffen, ihr hatte alle ein paar schöne Feiertage und einen guten Rutsch in das neue Jahr!

Das mit dem „Rutsch” konnten wir bereits am 29.12. erleben, als wir von Bremen nach Oslo zurückfuhren. Ab Göteborg, also ca. 310 km vor Oslo, bekamen wir es mit zunehmenden Schneefall zu tun. Die Straße war in Schweden noch nicht geräumt, und so mancher Zeitgenosse fand sich samt Auto im Graben wieder. Als wir abends gegen 21.15 Uhr wieder zu Hause waren, mussten wir uns erst einmal einen Parkplatz freischaufeln — in den vergangenen zwei Tagen waren insgesamt 40 cm Schnee gefallen! Nach den verhältnismäßig milden Tagen in Bremen waren wir also wieder zurück in der „Winterwüste”. Auch bei den Temperaturen hat es uns kalt erwischt — in der vergangenen Woche war es tagsüber selten wärmer als -15 Grad. Dafür scheint aber meistens die Sonne.

Man sollte meinen, die Norweger kämen mit der Kälte besser klar als wir, aber das sieht nicht so aus. In der letzten Woche befanden sich ca. 40% der T-Bane-Züge in der Werkstatt, weil der sehr feine Schnee der Elektronik zu schaffen machte. Das Benutzen der T-Bane ist dieser Tage abenteuerlich; Tania ist meistens doppelt so lange unterwegs wie sonst, weil viele Züge nicht fahren oder es unterwegs immer wieder Probleme gibt. Auch bei der Eisenbahn sieht es nicht besser aus: Allein heute morgen sind elf Zugverbindungen nach Oslo gecancelt worden.

Und die Strompreise steigen immer noch, ein Ende ist nicht abzusehen. Mancher spart am falschen Ende: Um Weihnachten sind drei ältere Osloer ins Krankenhaus eingeliefert worden mit einer Körpertemperatur unter 30 Grad — alle drei saßen in ihren eiskalten Wohnungen, die sie wegen der hohen Strompreise wohl nicht mehr ausreichend beheizt haben. Zwei von ihnen sind inzwischen verstorben.

Auf unserer Homepage gibt es wieder etwas Neues — Tania hat unter der Rubrik „Strohwitwe” ihre Freizeitaktivitäten genauer dargelegt, und seit unserem Bremen-Aufenthalt verfügen wir über eine Webcam, die in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen Fotos ins Netz stellt, zu sehen unter „Unsere Webcam”.

Tarnold