Archiv 2008
Oslo, 13. Dezember 2008
Leute, wie die Zeit vergeht — schon wieder sind mehrere Wochen vergangen, ohne dass wir uns an dieser Stelle gemeldet haben. Dabei ist doch so einiges passiert!
Ratlosigkeit, Entsetzen, Trauer, Zukunftsängste, aber auch Verständnis: Diese oder ähnliche Reaktionen wurden bei meinen Kollegen ausgelöst, als ich ihnen vor ein paar Wochen eröffnete, dass ich kündigen werde und ihnen ab 1. März nicht mehr bei ihren Hard- und Softwareproblemen beistehen kann. Ja, es ist soweit: Bald stirbt ZBiO und ZBiS wird geboren — wir verlagern unseren (gemeinsamen) Wohnsitz nach Stavanger. Ich habe ab 1. März eine Stelle an der Universität als „Geoingenieur”. Mit anderen Worten: Rund zwölf Jahre nach Ende meines Geologiestudiums werde ich zum ersten Mal eine Tätigkeit ausüben, wo unter anderem mein geologisches Fachwissen erforderlich ist! Hoffentlich ist davon auch noch etwas übrig :-)
Bei uns steht nun also ein erneuter Umzug an, was bei der momentanen Lage auf dem norwegischen Immobilienmarkt nicht ganz einfach sein wird: Aufgrund der Finanzkrise ist jener so ziemlich zum Erliegen gekommen; wir rechnen im Moment nicht damit, dass wir unser Haus bis Ende Februar werden verkaufen können. Indes haben wir mit einigen Maßnahmen begonnen, die es potentiellen Kaufinteressenten leichter machen sollen, sich für unsere Hütte zu erwärmen. So haben wir letztens neue Markisen an der Südseite bekommen, und demnächst wird noch einmal ein Elektriker ein paar Mängel beheben, die ein kürzlich durchgeführter el-sjekk offenbarte.
Diesmal ohne Mängel!
Vollkommen ohne Mängel ist unser Auto, wie die Untersuchung bei der periodisk kjøretøykontroll, der norwegischen TÜV-Kontrolle gewissermaßen, ergab. Sowas ist uns ja noch nie passiert, und das, wo unser Wagen inzwischen fast sechzehn Jahre alt ist! Eigentlich hätten wir noch bis Ende Februar Zeit gehabt, die Kontrolle durchführen zu lassen, aber dann wäre der Termin mit unserem Umzug zusammengefallen. Nun ist das also erledigt.
Hurra! Nach nur sieben Jahren Bauzeit (und sieben Jahre früher als ursprünglich geplant) ist die E6 südlich von Oslo bis zur schwedischen Grenze durchgehend als Autobahn fertiggestellt worden!! Na ja, nicht ganz, es fehlen noch ein paar Kilometer, aber die 63 km durch Østfold sind fertig und wurden Ende November von König Harald feierlich eingeweiht. Und wir sind sogar schon drauf gewesen! Anlässlich der Hochzeitsfeier von Tanias Cousin Gregor waren wir nämlich vor rund zwei Wochen zu einem Blitzbesuch in Deutschland, und da haben wir die Gelegenheit gleich genutzt. Es dauert jetzt aber noch bis 2013, ehe die E6 komplett ist. Im Moment fehlen noch rund 50 km in Schweden und ein paar Kilometer vor Oslo. Überhaupt hat sich in Norwegen in den vergangenen Jahren so einiges getan: Laut eines Aftenposten-Artikels betrug die Gesamtlänge des norwegischen Autobahnnetzes 2002 noch 262 km, doch im nächsten Jahr werden es schon 494 km sein! Nur mal so zum Vergleich: Das Bundesland Bremen, das nicht unbedingt für seine große Ausdehnung bekannt ist, verfügt über rund 65 km Autobahnen ...
Ihr seht, beim Ausbau des Verkehrsnetzes lässt man es gemütlich angehen hierzulande. Das liegt hauptsächlich daran, dass Straßen, Eisenbahnlinien und dergleichen aus dem laufenden Haushalt bezahlt werden. Für diese Maßnahmen werden also keine Kredite aufgenommen. Hinzukommt, dass bei einem Regierungswechsel die Prioritäten möglicherweise anders gesetzt werden, so dass unter Umständen weniger Geld für gewisse Projekte vorhanden ist. Das ist ungefähr so, als würde man sich ein Haus bauen und das Ganze von den laufenden Einkünften bezahlen. Da gibt es dann heute mal ein paar Steine und 'nen Sack Zement, und wenn man genug Steine und Zement zusammen hat, lässt man den Maurer kommen, damit der mal eine Wand hochzieht. Braucht man zwischendurch mal ein neues Auto, wird der Hausbau erst einmal hintenangestellt. Dauert alles ein bisschen länger, aber dafür ist man schuldenfrei.
Die Hochzeitsfeier in Deutschland verdient übrigens noch extra Erwähnung. Wir feierten auf einem Dorf in der Lüneburger Gegend, und zwar zusammen mit den Lüneburger Lederlumpen. Kleiderzwang bestand nicht; dominant waren abgetragene schwarze Lederklüfte — alles sehr relaxed. Dass das Bier schon um Mitternacht alle war, hat wohl vor allem uns schockiert. Die meisten sind problemlos zu Whisky und/oder KGB gewechselt.
Warten auf den Geschmackstest: Juleøl Jahrgang 2008
Wer es noch nicht gemerkt haben sollte — bald ist Weihnachten! In Norwegen bedeutet das natürlich auch, dass wieder das gute juleøl — Weihnachtsbier — gebraut wird. Klar, dass wir uns auch in diesem Jahr wieder rechtzeitig mit einer Auswahl aller verfügbaren Sorten eingedeckt und unseren eigenen juleøltest durchgeführt haben. Unser Favorit in diesem Jahr: Juleavec von Berentsens Brygghus, einer kleinen Brauerei aus Egersund. Und mit diesem Urteil stehen wir nicht alleine da, dieses Bier hat bei mehreren Tests gut abgeschnitten.
Tarnold
Oslo, 28. Oktober 2008
Am vergangenen Wochenende hielt deutsche Bierkultur (oder das, was der gemeine Norweger dafür hält) Einzug in Oslo: Gleich zwei Oktoberfeste wurden in der Hauptstadt gefeiert.
Hoch die Tassen beim Oktoberfest in Oslo
Bierzelte wurden sowohl in der City auf dem Youngstorg als auch beim Chateau Neuf, einem Veranstaltungszentrum von und für Studenten im Stadtteil Majorstua, errichtet. Wir entschieden uns für die von der norwegischen Studentengesellschaft veranstalteten Version und luden auch unsere Freunde Anne und Frode aus Fredrikstad nach Oslo ein.
Wie es sich für ein zünftiges Oktoberfest gehört, spielte im Bierzelt eine Blaskapelle (die „Ronald Schnipfelgrüber Tyrolerkapelle” und von der Decke hingen bayerische Flaggen. Echte Zenzies mit Maßkrügen suchte man jedoch vergeblich — das Bier, wobei wir unter einer großen Anzahl verschiedener Sorten wählen konnten, wurde in „neutrale” Ringnes-Plastikbecher eingeschenkt. Schweinshaxen und Hähnchen gab's auch keine — hier besteht also noch ein wenig Nachholbedarf. Ansonsten war die Veranstaltung aber wohl ein toller Erfolg — selten habe ich in Norwegen hunderte Menschen gut gelaunt feiern sehen wie am vergangenen Freitag.
Weniger nach Feiern zumute dürften den Isländern sein. Dass es denen wegen der globalen Finanzkrise momentan gar nicht so gut geht, hat sich ja inzwischen auch in Deutschland herumgesprochen. Hier in Norwegen verfolgt man die Geschehnisse på sagaøya (auf der Sageninsel) recht genau. Dabei geht es nicht allein um Mitleid mit den nordischen Nachbarn, sondern auch darum, wie denn die Zukunft aussehen kann. Nicht wenige glauben (aus gutem Grund), dass Island alsbald Mitglied der EU werden könnte und den Euro als Währung einführt. Nun ist der Weg bis dorthin noch lang, allein wegen der Stabilitätskriterien, die dafür erfüllt werden müssen. Aftenposten schrieb Sonntag, dass in Island in diesem Jahr mit einem Rückgang des Bruttosozialproduktes um zehn Prozent und mit einer Inflation von fünfzig Prozent zu rechnen ist.
Sollte Island eines Tages der EU beitreten, wäre Norwegen neben Liechtenstein das letzte Land, das dem europäischen Wirtschaftsraum (EWR) angehören würde. Der EWR ist so etwas wie „EU für Arme” — die EWR-Staaten sind Teil des inneren Marktes der EU und müssen daher alle EU-Direktiven, die eben diesen Markt betreffen, umsetzen, ohne aber im Vorfeld über diese mitbestimmen zu dürfen. Andererseits zahlt Norwegen genauso viel Geld in die EU-Kasse als sei es EU-Mitglied. Sollte Island mittelfristig EU-Mitglied werden, könnte dies das Ende des EWR bedeuten — es dürfte sich kaum lohnen, ein Gebilde wie den EWR für nur ein (richtiges) Land aufrechtzuhalten. Am Ende bewirkt die Finanzkrise womöglich noch etwas Gutes, nämlich dass Norwegen am Ende EU-Mitglied wird, wer weiß.
Aber im Moment sind wir von positiven Auswirkungen dieser Krise noch ein gutes Stück entfernt. Die kleinen Währungen leiden im Moment sehr darunter, so auch die norwegische Krone. Vom fallenden Ölpreis zusätzlich gebeutelt, stieg der Preis für einen Euro Ende letzter Woche auf 9,20 kr — im Normalfall bezahlen wir rund 8 Kronen dafür.
Ein letztes Bild von Mutters schöner Vase
Vom Wertverfall der norwegischen Krone betroffen ist auch meine Schwester und ihr frischgebackener Gemahl Thomas. Die beiden haben vor gut zwei Wochen geheiratet und von uns einige Kronen als Geschenk bekommen. Wir können nur hoffen, dass die beiden nach den wilden Feierlichkeiten mit reichlich Bremer und anderen norddeutschen Bieren noch über ausreichend finanzielle Ressourcen verfügen und nicht gezwungen sind, gerade jetzt die Kronen zu vereuroen.
Anlässlich der Hochzeit weilten wir dann auch mal wieder in Deutschland, und anstrengend war es. Nach der zehnstündigen Anreise per Auto (das diesmal ohne irgendwelche Zwischenfälle durchhielt) ging es direkt zum Polterabend im Roten Hahn in Tönning. Die lange Autofahrt schien doch viel Kraft gekostet zu haben, so dass der Alkoholgenuss bei mir offenbar mehr Spuren als gewöhnlich hinterließ, wie mir mehrere Zeugen am nächsten Tag unabhängig voneinander berichteten. Egal, ich habe auf jeden Fall alles gegeben! Also noch mal ein Dankeschön für die Feierlichkeiten und das leckere Bier!
Tarnold
Oslo, 20. September 2008
Na das war ein Nachmittag nach meinem Geschmack! Bayern gegen Werder live im norwegischen Fernsehen, und dann noch mit diesem Ergebnis!
Niedergeschlagen, am Ende: Jürgen, Uli und der FC Bayern
Einen 5:2-Sieg bei den Bayern feiert man nicht alle Tage, auch ich konnte kaum glauben, was ich da im Fernsehen sah! Und dazu die Gesichter von Uli & Jürgen (das von Hoeneß war schon beim 0:1 knallrot — oder hat der einen Sonnenbrand??)! Nach den doch eher durchwachsenen Leistungen der laufenden Saison war mir ja schon ein wenig bange vor diesem Spiel, aber vor diesen Bayern braucht sich wohl niemand zu fürchten.
Auch Aftenposten war Werders Kantersieg einen Artikel wert — unter der Überschrift „Oooooch, Klinsmann!” steht zu lesen, dass Bayern München daheim lächerlich gemacht wurde.
Super, Werder, so kann es gerne weitergehen!
Tarnold
Oslo, 1. September 2008
Etwas ältere Jahrgänge kennen vielleicht noch das Schlagwort Legalize it, das in Form von Graffiti während der 70er und 80er Jahre in deutschen Städten allgegenwärtig war. Ganz im Sinne dieses Slogans agieren die Mitstreiter von Even Ganja Helland, die während der letzten Jahre in verdeckten Aktionen immer wieder Cannabis-Pflanzen in den kommunalen Blumenbeeten Stavangers aussetzten.
Vor dem städtischen Schwimmbad, in den Rabatten des Rathauses, im Stadtpark und vor dem Gerichtsgebäude — überall gedeihen die in Norwegen verbotenen Pflanzen prächtig. Schuld daran ist das Norwegische Cannabisforum, kurz NorCan, eine Interessensgemeinschaft von Cannabis-Liebhabern, deren Ziel es ist, den Gebrauch von Cannabis zu legalisieren. In mehrenen Aktionen wurden daher in den vergangenen Jahren rund 2000 Pflanzen in öffentliche Blumenbeete gepflanzt; erst gestern setzten die NorCan-Aktionisten erneut rund vierhundert Cannabis-Sätzlinge in die Stavangersche Krume.
Das Beste daran: Bisher ist es scheinbar niemanden aufgefallen. Erst ein Artikel im heutigen Stavanger Aftenblad klärte über die Begrünungsaktion auf. Ziel von NorCan ist es, in Stavanger in einem Modellversuch nach niederländischem Vorbild Coffeeshops zu errichten. Darüber können wir uns nur wundern: Stavanger, Hauptstadt im ansonsten eher christlich-fundamentalistisch geprägten Rogaland, ist bisher nicht durch besonders liberales Gedankengut in dieser Richtung aufgefallen.
Gute Gedanken hingegen (ist das eine Überleitung?) hatten meine Eltern, die uns am Wochenende in Oslo besuchten: Trotz Beschränkung auf Handgepäck im Ryan-Air-Flieger schafften sie es, uns vier Schwarzbrote, eine Salami, Schinken, Käse, zwei Flaschen Wein und noch ein paar andere Dinge aus Deutschland mitzubringen — danke nochmal dafür.
Tarnold
Stavanger, 31. Juli 2008
Bevor Arnold demnächst an dieser Stelle über unsere ausgiebige Urlaubsreise berichtet, will ich nur kurz ein Update aus Stavanger bringen.
Irgendwie geht die Zeit bei meinen Arbeitgebern immer verflixt schnell vorbei. Gerade habe ich mich mit einigen Kollegen angefreundet, schon läuft mein Vertrag auch schon wieder aus.
Tja, da wohne und arbeite ich nun also schon seit zwei Jahren und zwei Monaten an der Westküste, und heute war der letzte Arbeitstag im Rahmen meines Zweijahresvertrages mit der Uni Stavanger (von dem ich mich Januar und Februar hatte beurlauben lassen). Ich bleibe der Uni allerdings noch etwas erhalten, denn ich werde dort auch weiterhin die Laborausstattung nutzen, Lehre machen, Bachelor- und Masterarbeiten betreuen und vielleicht habe ich sogar weiterhin ein Büro im gewohnten Gebäude.
Ab morgen werde ich nämlich erstmals in der freien Wirtschaft arbeiten, allerdings in einem Forschungsinstitut namens IRIS (International Research Institute of Stavanger), welches sehr eng mit der Universität Stavanger verknüpft ist, da die Uni die Hälfte der Anteile besitzt.
Ich habe zum ersten Mal in meinem Leben einen unbefristeten Vertrag in der Tasche, und musste noch nicht einmal eine Bewerbung schreiben — mir wurde einfach eine (gar nicht mal schlecht bezahlte) Stelle angeboten. Tja, damit wird eine zukünftige Verlagerung des Hilbebrand-Habelschen-Habelschen Lebensmittelpunktes nach Stavanger immer wahrscheinlicher ...
Tarnold
Oslo, 24. Juni 2008
Die Norweger können einem schon Leid tun, in diesen Fußballtagen. Hätten sie sich vor allem gegen die Türkei in der WM-Qualifikation nicht so blöd angestellt, wer weiß wo sie jetzt stünden?
Da ist es nicht weiter verwunderlich, dass gestern noch einmal dem „Wunder von Marseille” gedacht wurde: Gestern vor genau zehn Jahren schlug Norwegen Brasilien während der Fußball-WM 1998 in Frankreich mit 2:1 durch Tore von Tore André Flo und Kjetil Rekdal. Im norwegischen Team stand seinerzeit auch ein Werderaner, Håvard „Fußballgott” Flo, Cousin von Tore André. Durch den Sieg gegen Brasilien zog die norwegische Nationalmannschaft ins Achtelfinale ein (0:1 gegen Italien). Gestern konnte man in Aftenposten einen doppelseitigen Artikel über das Spiel lesen, und auf nrk2 wurde die komplette Aufzeichnung des Spiels noch einmal gesendet — im Schnitt sahen 155.000 Zuschauer zu! „Die Zuschauerzahl lag dreimal so hoch wie sonst bei nrk2 zu dieser Tageszeit, und es war das am zweitmeisten gesehene Programm im Monat Juni”, erklärte ein Sprecher von nrk gegenüber Aftenposten.no. Vor zehn Jahren war in Norwegen nach dem Spiel die Hölle los, und wie es aussieht, erinnert man sich auch heute noch gerne an dieses Ereignis zurück.
Altmetall
Tania hatte es vor geraumer Zeit an dieser Stelle bereits angemerkt: Während der vergangenen Wochen war ich wegen einer Wurzelbehandlung mehrmals beim Zahnarzt. Glücklicherweise habe ich die ursprünglich für Mitte Juli geplante Behandlung bereits hinter mir — es war dann doch noch ein kurzfristiger Termin möglich. So wird wenigstens unser Urlaub nicht beeinträchtigt. Tja, meine alte Krone ist nun raus — über zwanzig Jahre hat sie mir treu gedient. Wieviel Liter Bier mögen an ihr vorbei geflossen sein?
Alte Zange, neuer Grill
Ebenfalls treu gedient hat uns unser alter Grill, den wir bereits in Deutschland in den Jahren vor unserer Ausreise eifrig genutzt haben. Nach der letzten Saison war aber Schluss. Aufgrund mangelnder Standfestigkeit — im Laufe der Zeit kam es trotz guter Pflege doch zu Rostfraß — haben wir ihn im letzten Herbst entsorgt — sicher ist sicher, wo hier doch alles aus Holz ist!
Lange Rede, kurzer Sinn: Ersatz musste her! Lange Zeit haben wir uns überlegt, welche Art Grill es denn sein soll. Gas- oder Elektrogrills kamen von Anfang an nicht in Frage — da kann man ja gleich das Grillgut im Backopfen erwärmen! Am Ende haben wir uns für einen großzügig bemessenen Kugelgrill von Weber entschieden. Wir haben ihn bereits einmal benutzt, Ergebnis: Man schmeckt den Unterschied!
Langsam aber sicher neigt sich die vorsommerliche Arbeitszeit dem Ende entgegen — vier Wochen Urlaub liegen vor uns! Ich bin momentan dabei, den „ganzen Laden” runterzufahren und einige Altlasten abzuwickeln, so dass ich Ende der Woche reinen Tisch habe — bisher läuft alles nach Plan ;-)
Tarnold
Stavanger, 15. Juni 2008
Verflixt — heute ist schon wieder so ein Abend, an dem man gar nicht zu Bett gehen will/kann. Es ist Sonntagabend, 23:15 Uhr ... und es ist taghell. Da ich (Tania) in meinem Arbeits-/Gäste-/Schlafzimmer keine Jalousie habe, sitze ich lieber noch eine Weile am Rechner; irgendwann ist hoffentlich die nötige Bettschwere erreicht.
Was gibt's bei uns an Neuigkeiten? Tja, also erstmal ist der Urlaub gestrichen. Arnold macht nun erstmals Erfahrungen mit dem norwegischen Zahnarztsystem — und die sind recht teuer: Dummerweise zahlt man in Norwegen alles beim Zahnarzt komplett selbst. Und somit beläuft sich der Kostenvoranschlag für seine Wurzelbehandlung bisher auf 1300 Euro. Die schon gezahlten 300 Euro für Notmaßnahmen sind da noch nicht eingerechnet.
Aber urlaubsbehindernd sind nicht unbedingt die Finanzen, sondern eher, dass die vorgesehene Operation Mitte Juli stattfinden soll. Da wir eine Radtour „Dänemark rund” geplant hatten, ist unser Urlaub also erstmal gestrichen. Aber wir werden im Juli bestimmt kürzere Rad- und Campingtouren machen.
Tja, ansonsten nähert sich meinem Kopf mal wieder das Damoklesschwert der Arbeitslosigkeit; am 31. Juli endet mein Vertrag. Aber ich bin recht entspannt und habe für den gesamten Juli Urlaub genommen ;-)
Ziemlich nah am Wasser gebaut: Oslos neue Oper
Nein, erstmals in meinem Leben sehe ich wirklich ruhig dem Vertragsende entgegen, denn ich habe mehrere Optionen. Zwar sind die meisten davon in Stavanger, aber mal abwarten — ein Eisen ist noch in Oslo im Feuer, und auch die Möglichkeiten in Stavanger sind nicht zu verachten ... immerhin könnte ich dort auch endlich mal eine unbefristete Stelle bekommen.
Und was gab's noch? Ach ja, mein letzter Besuch in Oslo — insgesamt erst mein fünfter in diesem Jahr. Endlich haben wir mal wieder das Tandem bewegt! Trotz einiger Rostschäden nach gut 2 Jahren Stillstand in Regen und Schnee läuft das Tandem immer noch super. Nicht mal die Schaltung macht große Probleme. Wir haben das gute Wetter genutzt, um zur neuen Oper zu fahren. Welche tatsächlich so beeindruckend ist, wie in den Medien dargestellt wird! Wenn erst mal alles fertiggebaut ist, die Autobahn versenkt, Museen umgezogen sind, wird diese Ecke Oslos sicher die meisten Touristen abfangen — den Weg nach Bygdøy oder Tøyen finden dann wohl nicht mehr viele.
Tarnold
Stavanger, 12. Mai 2008
Sommer, Sonne, Sonnenschein — auf diese Formel lässt sich das Wetter Südnorwegens der vergangenen rund zwei Wochen zusammenfassen.
Sommer
Winterbleiche Sonnenanbeterin
Es ging dann am Ende doch recht schnell: Während sich die ersten Frühlingswochen noch recht kalt anfühlten und eigentlich als eine eher hellere Variante des Winters daherkamen, haben wir nun auf ein Mal sommerliche Temperaturen und schönes sonniges Wetter, und das schon seit rund zwei Wochen. Selbst hier in Stavanger, wo wir ein verlängertes Pfingstwochenende verbringen, hat es im ganzen Monat Mai noch keinen Niederschlag gegeben, und es ist noch keine Wetteränderung in Sicht! Wir haben die Gelegenheit gleich zum Angrillen genutzt, und der erste Sonnenbrand ist auch schon da.
Examen
Tania hat nun auch ihr erstes norwegisches Examen absolviert — in ihrer Eigenschaft als Dozent, wohlgemerkt. Rund 150 Studenten brüteten vegangenen Montag über ihre 50 Fragen zur allgemeinen Geologie. Nun hat Tania noch die lästige Aufgabe, die Examen zu bewerten.
Sommerliche c't-Lektüre
Norwegische Zeitungen
Dass norwegische Redakteure die Welt zuweilen mit anderen Augen sehen, hat vermutlich jeder Norwegenkenner schon einmal bei der Schlagzeilenlektüre im Supermarkt oder beim Besuch der Internetpräsenzen norwegischer Medien feststellen können. Was uns vor einigen Tagen die Netzausgabe vom Stavanger Aftenblad als Topüberschrift anbot, schlug dem Fass allerdings den Boden aus: Zyklon in Burma hin oder her, das Schicksal einer Entenfamilie, denen die Entenmutti abhanden gekommen war (sie wurde von einem Auto überfahren) wog doch schwerer und schaffte es daher ganz nach oben mit einem übergroßen Illustrationsfoto dazu. Bereits 2001 hat der deutsche Schriftsteller Hans Magnus Enzensberger in einer Analyse des norwegischen Zeitungsmarktes festgestellt, dass norwegische Medien „mit ihrer nationalen Nabelschau eine einzigartige Außenseiterposition behaupten” — an der Aktualität dieser Aussage hat sich wohl nichts geändert.
Tarnold
Oslo, 12. April 2008
Heute ist es soweit: Nach rund sechsjähriger Bauzeit und Kosten von ca. 4 Milliarden Kronen wird Norwegens neuer Stolz, die neue Oper in Oslo, eingeweiht.
Direkt am Wasser: Die neue Oper
Ganz in weiß ...
Dabei hatte es vor kurzem doch noch so viel Aufregung um das extravagant designte Gebäude gegeben: Das mit kostbarem Carrara-Marmor verkleidete Opernhaus litt Anfang des Jahres unter „Gelbsucht”: Große Teile der Marmorfassade hatten sich gelb verfärbt — Ursache unbekannt. Manche Geologen meinten, die Gelbfärbung hätte ihre Ursache in der Verwitterung von im Marmor enthaltenen Pyrit, einem Eisensulfid. Demnach wäre der Marmor quasi verrostet, die Gelbfärbung irreversibel. Da während der Bauplanung heftig darüber gestritten wurde, welcher Baustoff denn für die Fassadenverkleidung verwendet werden solle — italienischer Marmor oder heimischer Granit — bemerkten die „Marmorgegner” nun nicht ganz ohne Schadenfreude, dass so etwas mit Granit nicht passiert wäre. Nun scheint sich der Zustand des Marmors aber wieder verbessert zu haben; Laborversuche haben ergeben, dass die gelbliche Verfärbung verschwindet, wenn der Marmor ausreichend getrocknet ist. Da sind wir aber froh!
Mit Merkel
Heute wird nun die Oper eingeweiht mit einer Eröffnungsgala, an der auch Bundeskanzlerin Merkel teilnehmen wird. Sie weilt heute wegen eines Kurzbesuches bei Ministerpräsident Stoltenberg in Oslo, und eine Audienz beim König ist wohl auch noch drin.
*** UPDATE *** Auch Spiegel online hat sich mit dem Besuch Merkels in der Osloer Oper befasst und dabei sogar ein Gespräch zwischen ihr und Ministerpräsident Stoltenberg belauscht! *** UPDATE ***
Bei Aftenposten.no könnt ihr euch Videos und Fotos der neuen Oper ansehen.
Ein Bild aus besseren Tagen: Einkauf im November 2004
Aus für Lidl
Das war dann wohl nichts: In Norwegen war für Lidl nichts zu holen, außer Spesen nichts gewesen, sozusagen. Lidl hat seine 50 Geschäfte bereits an Rema 1000 verkauft. Na ja, wir haben es schon lange kommen sehen — nachdem es dort keine Salami mehr gab, konnte es ja nur noch bergab gehen ;-)
Erstaunliche Erkenntnisse ...
... hat eine norwegische Regierungsstudie zum Thema Energiesparen gebracht. Nun sind im Haushalt 10 Millionen Kronen eingeplant, um diese Erkenntnisse an die Gemeinden im Land weiterzugeben. Bei HegnarOnline kann man lesen, dass in Kristiansand eigens ein „Stromsparer” eingestellt wurde. Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass sich beispielsweise durch das Ausschalten von Licht und das Herunterregulieren der Heizungen, z.B. an Wochenenden, Energie und damit Geld einsparen lässt! Wir haben es ja immer schon irgendwie geahnt, aber jetzt haben wir es quasi amtlich ...
Noch alles gesund: Biere testen während der Hinfahrt an Bord der Kopenhagen-Fähre
Macht Deutschland krank??
Diese Frage mussten wir uns unweigerlich stellen, denn unser letzter Deutschland-Trip hat uns ziemlich mitgenommen: Bei mir trat bereits am vierten Tag eine fiese Magen-/Darmerkrankung auf, die nur durch Medikamenteneinnahme in den Griff zu bekommen war (erstaunlicherweise enthielt das Medikament als einzigen Wirkstoff Bierhefe — da schütte ich mir beim nächsten Mal doch gleich ein paar Liter Weizenbier 'rein)! Tania hat sich eine fiebrige Erkältung eingefangen, die sie knapp eine Woche von der Arbeit fernhielt. Jetzt ist aber alles wieder gesund!
Tarnold
Oslo, 5. März 2008
Geschafft! Nach knapp zwei Monaten hat Tania ihren ersten Vorlesungsblock in der Rolle als Dozent hinter sich gebracht und war erstmals seit dem Jahreswechsel wieder in Oslo.
Das waren anstrengende Wochen, von denen wir uns während ein paar arbeitsfreier Tage gemeinsam erholt haben. Wir haben die Zeit hauptsächlich mit Faulenzen verbracht, aber am vergangenen Wochenende haben wir noch einmal ein neues Bier gebraut.
Neue Fähre
Bei der Reederei Color Line ist so richtig was los. Nachdem in den vergangenen Jahren ja schon die Superluxusfähren "Color Fantasy" und "Color Magic" auf der Strecke Oslo-Kiel verkehren (hier eine Werbeanimation zu den Schiffen), stellt Color Line nun auf der Strecke Kristiansand-Hirtshals ein neues Schiff in Dienst: die "SuperSpeed". Die neue Fähre, die in nur drei Stunden die Strecke zwischen Norwegen und Dänemark zurücklegt und mit 27 Knoten durch das Skagerrak pflügt, ist mit 211 Metern Länge nur wenig kürzer als die Color Fantasy und Color Magic und bietet Platz für über 1900 Passagiere. Wer sich beeilt, kann bei der Taufe dabei sein: 12. März, Kristiansand.
Andere Länder ...
Dass man in Norwegen beim Thema Alkohol häufig keinen Spaß kennt, hat sich vermutlich schon herumgesprochen, besonders wenn es um Alkohol im Straßenverkehr geht. Um eine — teure — Erfahrung reicher ist ein Autofahrer aus Rjukan. Er wartete im letzten Jahr an einem Bahnübergang in der Nähe von Tønsberg vor einer geschlossenen Schranke. Als diese sich öffnete, fuhr er los, der Zug kam, und die Schranke schloss sich wieder. Sein Wagen wurde vom Zug erfasst und erheblich beschädigt, verletzt wurde aber niemand. Es stellte sich hinterher heraus, dass die Eisenbahnschranke defekt war und sozusagen ein Eigenleben führte. Dumm für den Autofahrer war nur, dass er unmittelbar nach dem Unfall eine Flasche schwedischen Starkbieres getrunken hat. Das wurde ihm heute zum Verhängnis, denn in Norwegen darf man während der ersten sechs Stunden nach einem Verkehrsunfall keinen Alkohol zu sich nehmen. Das Gerichtsurteil lautete 14 Tage Haft auf Bewährung, Verlust der Fahrerlaubis für sieben Monate und 28.000 Kronen (rund 3.500 Euro) Strafe.
Immer noch Winter
Wir hatten in Norwegen zwar den zweitmildesten Winter seit hundert Jahren — im landesweiten Schnitt lag die Temperatur 4,6 °C über der Durchschnittstemperatur — dennoch sieht es zur Zeit nur wenig nach Frühling aus: Optisch herrscht in Norwegen zur Zeit Winter. In Bergen und der umliegenden Provinz Hordaland geht im Moment wegen des starken Schneefalls nichts mehr. Trondheim wurde in der Nacht zu Montag mit zwölf Zentimetern Schnee eingedeckt. Auch in Oslo gab es heute ein paar Zentimeter und sogar in Stavanger fiel in den vergangenen zwei Tagen ein wenig Schnee. Wenigstens ist das Tageslicht zurück ...
Tarnold
Oslo, 2. Februar 2008
Eine niedrige Arbeitslosenquote ist ja eigentlich etwas Gutes, sollte man meinen. In Norwegen wird das allerdings langsam zur Plage — nun gibt es bereits einen Mangel an Zeitungszustellern!
Dass es schwierig ist, Handwerker zu finden, wissen wir ja aus eigener Erfahrung als wir vor zwei Jahren Hilfe bei der Renovierung unseres Hauses brauchten. Aber inzwischen sind eigentlich alle Berufszweige von Arbeitskräftemangel betroffen:
- In Stavanger wurde kürzlich eine Wagenladung polnischer Busfahrer engagiert, um bei den dortigen Verkehrsbetrieben auszuhelfen. Wegen Busfahrermangels mussten zeitweise einzelne Buslinien eingestellt werden.
- Taxifahrer gibt es auch zu wenige in Stavanger. Die Fahrer haben so gut zu tun und verdienen wohl auch entsprechend, dass sie am Wochenende nicht unbedingt fahren müssen — toll, wo doch gerade am Wochenende ein besonders hoher Bedarf entsteht wenn beispielsweise nachts die Kneipen schließen.
Aber auch in so ziemlich allen anderen Branchen werden händeringend Arbeitskräfte gesucht, und nun hat es also auch die Zeitungen getroffen. Im ganzen Land mangelt es an Zustellern; auch wir mussten schon so manchen Sonntag auf unsere Zeitung verzichten.
Laut dem Statistischen Zentralbüro Norwegens lag die Arbeitslosenquote im 4. Quartal 2007 bei 2,1 Prozent, die Zahlen des norwegischen Arbeitsamtes liegen sogar noch darunter, denn dort werden nur die tatsächlich als arbeitslos Gemeldeten erfasst. Der Arbeitskraftmangel wird auf rund 132.000 Personen beziffert — dem stehen 44.700 registrierte Arbeitslose gegenüber.
Viel zu tun
Das neue Jahr hat für uns beide sehr arbeitsreich begonnen. Tania ist dabei, eine Vorlesung in Geologie an der Uni Stavanger zu halten. Rund hundertfünfzig angehende Petroleumsingenieure lauschen dort gespannt in drei Veranstaltungen pro Woche Tanias Ausführungen. Da Tania diese Vorlesung quasi aus dem Boden stampft, ist sie rund um die Uhr damit beschäftigt, die jeweils kommende Veranstaltung vorzubereiten. Dafür ist sie momentan auch Professor, aber nur für zwei Monate — so lange wird ihr Anteil an der Vorlesung andauern. Klar, dass sie keine Zeit hat, an den Wochenenden nach Oslo zu kommen. Daher mache ich mich alle zwei Wochen auf den Weg an die Westküste.
Bei mir standen im Januar auch jede Menge Überstunden an, da ich maßgeblich an der Implementierung einer neuen Website beteiligt war; diese wurde gestern veröffentlicht. Damit gehe ich jetzt wieder etwas ruhigeren Zeiten entgegen.
Keine manuelle Bezahlung
Seit heute gibt es beim Passieren des bomrings um Oslo nicht mehr die Möglichkeit, bar zu bezahlen. Alle Autofahrer sind angehalten, den Mautring ohne zu stoppen zu passieren. Bei der Durchfahrt werden die Kennzeichen fotografiert; alle, die keinen Transponder im Fahrzeug haben, können entweder an den meisten Esso-Tankstellen (diese sind als servicestasjon gekennzeichnet) ihre Rechnung begleichen oder bekommen diese zugeschickt.
Bierparadies Dänemark
Wir haben es eigentlich schon lange geahnt, aber nun ist es quasi amtlich: Laut einer Untersuchung des südafrikanisch-britischen Brauereikonzerns SABMiller trinken Dänen eigentlich zu jeder Gelegenheit Bier. Beispielsweise sind 80 % der Dänen der Ansicht, dass es akzeptabel ist, auf Hochzeiten Bier zu trinken. 95 % sind der Ansicht, dass Bier gut zum Essen zu Hause passt (Deutschland: 79 %); 93 % (D: 91 %) denken es ist o.k., wenn man im Restaurant Bier zum Essen trinkt. Deutlich zurückhaltender sind die Dänen, wenn es zum Beispiel um geschäftliche Besprechungen geht — hier meinen "nur" 42 % (D: 28 %), dass ein Pils gut dazu passen würde. Tja, mit ein bisschen Neid schauen wir gen Süden ...
Tarnold