Archiv 2007
Oslo, 4. Dezember 2007
„Gibt's denn bei euch auch einen Weihnachtsmarkt?” fragte mich neulich meine Schwester — eine Frage, die ich nur mit einem Nein beantworten konnte. Alles gelogen!
Weihnachtsmarkt in Oslo
Seit vergangenem Donnerstag verfügt nämlich auch Oslo über einen solchen!! Sogar der abendlichen Nachrichtensendung im Fernsehen war dieses Ereignis eine Meldung wert — so bin ich auch erst darauf gestoßen. Nun ist es nicht unbedingt so, dass wir besonders großen Wert auf den ganzen Weihnachtsschnickschnack legen würden, aber bei so richtigem Mistwetter draußen in der Kälte einen schlechten Glühwein trinken oder ein kühles Bier, das haben wir in Bremen immer gerne gemacht.
„Glûhweinhytta”
In Oslo mussten wir also bisher darauf verzichten, aber diese Zeiten sind nun vorbei! Am Fuße des mächtigen Osloer Rathauses sind nun auch hier ein paar Holzbuden aufgestellt worden, und ja, schlechten „Glûhwein” (an einem anderen Stand hieß dieses Getränk „Gluewien”) kann man hier auch bekommen. Das hat uns ja am meisten überrascht, dass an einigen Ständen sogar Alkohol ausgeschenkt wird. Auffällig war auch die deutlich über dem Durchschnitt liegende „Deutschendichte”; gefühlte dreißig Prozent der Besucher am vergangenen Sonnabend waren deutschsprachig.
Ansonsten ist das Ganze eher die Sparversion eines Weihnachtsmarktes, im Vergleich zu deutschen Märkten jedenfalls. Ein paar Buden mit Kunst/Kitsch, ein Restaurantzelt, ein „Theaterzelt”, das war's dann auch schon.
Juleøl: Krönung norwegischer Braukunst
Stammleser von ZBiO kommt dieses Thema vermutlich bekannt vor, denn alle Jahre wieder wird an dieser Stelle darüber berichtet: Auch in diesem Jahr gibt es wieder das gute juleøl, das Weihnachtsbier also. Das Brauen von juleøl hat in Norwegen eine lange Tradition und lässt sich bis in die Zeit der Wikinger zurückverfolgen. Damals waren es die Großbauern, die die Pflicht hatten, zur Wintersonnenwendenfeier ordentliches Bier gebraut zu haben. Heute haben sich natürlich die großen und kleinen Brauereien dieses Themas angenommen. Da die echten Weihnachtsbiere mehr als 4,75 vol.-% Alkohol haben, sind sie nicht im Supermarkt, sondern nur in den staatlichen Monopolläden zu bekommen. Wir sind natürlich immer wieder gespannt, wenn die Weihnachtsbiere auf den Markt kommen, und decken uns dann möglichst mit allen Sorten ein, damit wir diese probieren können. Unser Favorit in diesem Jahr kommt übrigens von der (zum Ringnes-Konzern gehörenden) Dahls-Brauerei aus Trondheim. Aber wir haben noch nicht alle Sorten probiert ...
Gerne würden wir uns auch einmal durch das reichhaltige Angebot an Weihnachtsaquavit testen, aber das würde dann doch unsere finanziellen Möglichkeiten sprengen, schließlich gibt es davon rund fünfzig Sorten!
In den Genuss von Juleøl und Aquavit kam auch Freund Salz, der spontan in der vergangenen Woche die günstige Flugverbindung Bremen-Oslo von Ryanair für einen kurzen Oslo-Besuch nutzte. Seit er weiß, wie gut man selbst gesungene Werder-Lieder mit Hilfe von Skype auch in Stavanger hören kann, gehört er auch zu den Nutzern dieser Software ;-)
Tarnold
Oslo, 9. November 2007
Verheiratet sind wir jetzt zwar nicht mehr miteinander, aber dafür wohnen wir wieder zusammen — wer hätte das gedacht?
Tja, so schnell kann es manchmal gehen! Tania war neulich beim Finanzamt in Stavanger, um sich in Steuerdingen schlau zu machen. Leider hat das Finanzamt für die Steuer 2006 ihren Status als sog. Familienpendler nicht anerkannt. Dabei kam heraus, dass wir beide zwar als verheiratet gelten, dass dem norwegischen Staat aber nicht bekannt ist, mit wem wir verheiratet sind. Das verwunderte uns dann doch sehr, schließlich habe ich doch vor fünf Jahren meine erste Aufenthaltsgenehmigung eben aufgrund jener Tatsache bekommen, dass ich mit Tania ehelich verbunden war, und 2005 wurden wir steuerlich zusammen veranlagt, als Ehepaar halt. Nun, da hilft alles nichts, wir warten jetzt auf eine internationale Heiratsurkunde aus Bremen, so dass wir unseren Status gegenüber den hiesigen Behörden klarmachen können.
Stavanger: Erstes zartes Weiß in diesem Winter
Damit es bei der nächsten Steuererklärung klappt, ist Tania wieder nach Oslo gezogen — natürlich nur auf dem Papier. Mal sehen, ob es was nützen wird!
In diesem jahr hat — überraschenderweise — Stavanger die Nase vorn: Tania konnte heute den ersten Schnee vermelden! In Oslo tauchten die ersten Flocken bisher nur für kurze Zeit auf den Symbolen der Wettervorhersagen auf, der Boden blieb bisher von der weißen Pracht verschont. Dennoch habe ich seit ein paar Tagen wieder Spikesreifen am Fahrrad — sicher ist sicher.
Tarnold
Oslo, 28. Oktober 2007
Man muss schon sagen, dass es draußen jetzt sehr nach Winter aussieht: Die meisten Bäume haben ihre Blätter bereits verloren, und die letzten noch verbliebenen wird der Sturm, der momentan über Oslo weht, schon noch hinwegpusten.
Ansonsten hatten wir in diesem Herbst wettermäßig nichts zu meckern: Der Oktober zeigte sich meistens von der sonnigen Seite, und die Temperaturen sanken nachts nur selten unter den Gefrierpunkt. Durch die stete Sonneneinstrahlung brauchten wir auch erst vor gut einer Woche die Heizungen einzuschalten — da macht es sich bezahlt, große Fensterflächen an der Südseite zu haben.
Wo wir schon übers Wetter sprechen: Es gibt eine neue, für den speziell Interessierten spannende Wetterseite im Netz: yr.no, eine „Gemeinschaftsproduktion” vom Norwegischen Meteorologischen Institut und dem öffentlichen Fernseh- und Radiosender NRK. Hier lassen sich Wettervorhersagen für rund 7 Millionen Orte weltweit abrufen, sogar so abgefahrene wie Krusenbusch, Tönning oder Hastedt sind verzeichnet. Selbstverständlich finden wir nun endlich auch eine maßgeschneiderte Vorhersage für das Wetter in unserem Stadtteil.
Vor gut zwei Wochen hatten wir wieder Besuch aus Bremen — meine Eltern waren zunächst für ein paar Tage bei Tania in Stavanger, um dann per Auto mit ihr die lange Reise nach Oslo zu machen. Im Gepäck hatten sie natürlich wieder allerlei kulinarische Spezialitäten, wie z.B. Kassler oder (saures) Sauerkraut — Dinge, die hier nur schwer bis gar nicht zu beschaffen sind.
Schreck in der Morgenstund: Als ich vor zwei Wochen noch etwas schlaftrunken dabei war, mein Frühstück zuzubereiten, hörte ich eher beiläufig im Radio in einem Telefoninterview Worte wie „Parasiten”, „Wasser” und „Oslo” — nanu, dachte ich, doch mal genauer hinhören! Tatsächlich wurden die Bürger Oslos aufgefordert, ab sofort alles Wasser, was zum Trinken, Zähneputzen und dergleichen verwendet werden soll, vorher für drei Minuten abzukochen, da in einer Wasserprobe Parasiten der Art Giardia intestinalis gefunden wurden. Bei Parasitenbefall kann es beim Menschen zu einer Infektion im Darmtrakt kommen, mit Symptomen wie Durchfall, Fieber usw. In Norwegen reagiert man etwas empfindlich auf Giardia, da 2004 in Bergen ca. 6000 Menschen an Giardiasis erkrankten; einige von ihnen leiden noch heute an Spätfolgen, z.B. andauernden Bauchschmerzen oder dem Chronischen Erschöpfungssyndrom. Ich bin da natürlich kein Risiko eingegangen und habe Wasser nur noch für die Klospülung benutzt — gibt ja noch so viele andere schöne Getränke ... Zum Glück kam am letzten Montag die Entwarnung.
Tarnold
Oslo, 1. Oktober 2007
Nun steht der Sieger fest: Nach einem Architektenwettbewerb hat sich ein dänisches Architektenbüro den ersten Platz für seinen Entwurf der zukünftigen Holmenkollen-Sprungschanze gesichert.
Neue Holmenkollenschanze: Lichtstrahler auf dem Dach (Bild: JDS)
Unter den insgesamt 104 Einsendungen hat die Jury einstimmig für den Vorschlag der Architekten Julien de Smedt Architects (JDS) gestimmt. Bekanntlich wird die derzeitige Schanze — eines von Oslos Wahrzeichen und immerhin Norwegens meistbesuchte Touristenattraktion mit über 1 Million Besucher jährlich — im März kommenden Jahres abgerissen, weil sie nicht mehr den Anforderungen des modernen Skispringens genügt. Ein Neubau muss also her; dieser soll zur Wintersaison 2010 fertiggestellt werden. Die erste Wintersaison läuft quasi als Generalprobe für 2011, wo Oslo die Nordische Ski-WM ausrichten wird.
Neue Holmenkollenschanze: Aussichtsplattform mit Blick über Oslo (Bild: JDS)
Auf der neuen Schanze soll ein starker Lichtstrahler montiert werden, der bei Dunkelheit das Profil des Zulaufes optisch verlängern wird. Ein weiterer Lichtstrahler soll bei Wettbewerben den jeweiligen Skispringer mal so richtig ausleuchten und ihn während des Sprunges verfolgen, so dass Zuschauer, die sich außerhalb des Stadions befinden, den Flug des Springers gut verfolgen können. Die neue Schanze soll zudem eine reine Stahlkonstruktion werden — die jetzige ist ja größtenteils aus Beton. Sie wird dann über einen durchgehenden Windschutz verfügen, der bessere (und für alle Beteiligten annähernd identische) Sprungbedingungen garantieren soll.
Ob's das Klima ist? Zuviel Ozon über der Erdkrume? Zu wenig Ozon in den äußeren Schichten der Erdatmosphäre? Langzeitauswirkungen von Tschernobyl? Oder steckt doch Al-Quaida dahinter? Hier in Skandinavien, so scheint es, verhalten sich neuerdings manche bisher eher als harmlos bekannte Tierarten gefährlich agressiv — Tiere, die man eher als „Opfer” bezeichnen würde.
Der erste Fall: Bauer Bjørnar Johansen Sigvartson staunte nicht schlecht, als er neulich nach seinen Schafen sah. Zwischen seinen Zotteltieren lag nämlich der Kadaver eines Luchses, der deutliche Spuren von Schafsklauen aufwies. Bauer Sigvartson versuchte daraufhin herauszufinden, ob eines seiner Tiere verletzt war, und er fand eines der Vorjahreslämmer mit einer Bisswunde am Hals, aber das kleine Wuscheltierchen war ansonsten wohl auf. Offensichtlich haben die anderen Schafe den Luchs angegriffen, als dieser im Begriff war, das Lamm zu reißen.
Der nächste Fall ereignete sich in Örebro in Schweden, wo ein bisher nicht indentifizierter Elch ein Attentat auf ein Büro der schwedisch-finnischen Telekommunikationsgesellschaft Telia Sonera verübte. Der Jungelch tauchte plötzlich vor einem der Bürofenster auf und sprang sodann durch selbiges. Durch den Sprung durch das — geschlossene — Fenster schwer verletzt, verursachte der wilde Elch von Örebro eine ziemliche Sauerei im benannten Bürogebäude. Die angegriffenen Angestellten konnten sich allesamt retten — niemand wurde verletzt. Die letzten Minuten der Bestie wurden in einem Video dokumentiert (nicht unbedingt geeignet für Tierfreunde, Vegetarier, Blutnichtsehenkönner) ...
Da stellt sich ide Frage, was Tiere, die gemeinhin als friedliebend gelten, zu diesen Taten treibt? Und: Sind nur Schafe und Elche davon betroffen? Wie sieht es mit Rindern, Schweinen und Hühnern aus? Mücken? Stubenfliegen? Wo soll das alles enden, wenn wir nicht mehr unseren ureigenen Haustieren und Kulturfolgern trauen können?
Freimarktswerbung in Aftenposten
In wenigen Wochen beginnt in Bremen der Freimarkt, und wahrscheinlich werden unter den vielen Freimarktsgästen auch ein paar Besucher aus Norwegen sein: Seit kurzem führt Ryanair in seinen Anzeigen den Freimarkt und den Weihnachtsmarkt mit auf, und vergangenen Sonnabend gab es im Reiseteil von Aftenposten einen kleinen Artikel über Bremens 5. Jahreszeit. Da hat also die Bremer Touristik Zentrale ganze Arbeit geleistet ;-)
Tarnold
Oslo, 12. September 2007
Heute Abend steigt im Osloer Ullevål-Stadion der Kampf um Platz 1 in der Gruppe C der EM-Qualifikation: Der Zweitplazierte Norwegen empfängt Griechenland, das — noch — auf dem ersten Platz liegt. Trainer der Griechen ist bekanntlich Otto Rehhagel, und da gibt es in Norwegen natürlich jemanden, der „König Otto” recht gut kennt: Rune Bratseth.
In der Trondheimer Zeitung Adresseavisen erschien daher ein Artikel über Rehhagel, in dem auch Bratseth seine Einschätzung über den Trainer abgeben konnte.
In dem Artikel kann man zunächst über Rehhagels Werdegang als Trainer lesen: Von der 0:12-Niederlage 1978 mit Borussia Dortmund in Mönchengladbach, über seine weiteren Stationen in Mönchengladbach, Bielefeld, Düsseldorf und — natürlich — Bremen sowie München und Kaiserslautern und schließlich Griechenland ist dort die Rede.
Bratseth: „Er ist durch und durch ein Gewinner!” Eine Mannschaft wie Griechenland mit Libero und Manndeckung zur Europameisterschaft zu führen, trotz altmodischer Trainigsmethoden, sage wohl alles. Bratseth weiter: „Er ist unglaublich geschickt, eine gute Mannschaft aufzustellen, er ist ein großer Motivator, und es gelingt ihm, dass die Spieler absolut alles geben.” Außerdem interessiere sich Rehhagel nicht nur für Fußball, sondern beispielsweise auch für Literatur, was einer der Gründe sei, dass er sich so lange in der Branche halten konnte. „Er hat drei deutsche Meisterschaften gewonnen, und ich erinnere mich noch gut an den Pokal-der-Landesmeister-Triumpf 1992 in Bremen, ” sagt Bratseth, der 299 und ein halbes Spiel unter Rehhagel für Werder Bremen absolvierte.
Auf die Frage, ob es denn einen Fehler an Rehhagel gäbe, muss Bratseth eine Weile überlegen. Er hat Mühe, einen zu finden, mit Ausnahme des „halben Spieles, vielleicht.” In seinem ersten Heimspiel für Werder Bremen wurde Bratseth nach der 1. Halbzeit beim Spielstand von 1:2 ausgewechselt. Am Ende verlor Werder mit 1:7, und Bratseth wurde später nie wieder vom Platz genommen.
Tarnold
Oslo, 30. August 2007
Norwegen und Schweden stehen sich ja recht nahe, sollte man meinen; nicht umsonst werden Schweden im Norwegischen häufig als „söta bror”, also „süßer Bruder” bezeichnet. Dass es aber — trotz der vielen Übereinstimmungen — auch ein paar feine kulturelle und sprachliche Unterschiede gibt, darauf wies vor ein paar Tagen die schwedische Zeitung Dagens Industri hin.
In einem Artikel, der sich an schwedische Geschäftsleute mit Geschäftsinteressen in Norwegen richtet, gibt der Geschäftsführer der Handelskammer in Oslo ein paar Tips, wie man als Schwede die größten Schnitzer vermeiden kann. Er sagt: „Norweger sind die Italiener des Nordens. Sie sind viel impulsiver als die Schweden. Sie planen weniger im Detail und kommen nicht immer pünktlich.”
Wie verärgert man also einen Norweger? Hier ein paar Tips:
- Sei umständlich in Meetings und Verhandlungen! Norweger denken, dass Schweden langsam, feige und bürokratisch sind wenn es darum geht, etwas zu beschließen. Für Norweger ist es oft ein Rätsel, warum manches so lange dauert.
- Versuche, zu einem Konsens in jeder Frage zu kommen! Die „kollektive Tradition” und der Wunsch nach Übereinstimmung ist in Norwegen nicht so ausgeprägt.
- Sei sehr förmlich und steif! Das irritiert viele Norweger.
- Beklage dich über das Zeitverständnis deines Geschäftspartners! Norweger sind nicht so zeitfixiert wie Schweden. Sie kommen häufig zu spät, sagen kurzfristig Besprechungen ab oder überziehen bei Meetings kräftig.
- Betone, dass es kein richtiges Mittagessen gibt! Norweger essen mittags ein Butterbrot, warmes Essen ist ungewöhnlich. Eine Mittagspause dauert ca. 30 Minuten, und nicht eine Stunde wie in Schweden. Auf eine lange Mittagspause zu bestehen ist nicht populär; der Norweger geht lieber zeitig nach Hause.
Mit das Peinlichste, was einem Schweden sprachlich passieren kann, ist, nach einem langen Verhandlungstag seine norwegischen Geschäftsfreunde zu einem gemeinsamen Bier mit der Redewendung „Ska vi gå och klämma en bärs tilsammans?” einzuladen. Für Norweger klingt das in der Mitte wie „klemme en bæsj” — was dann ungefähr bedeutet: „Sollen wir losziehen und zusammen so richtig schön Kacke drücken?”
Nun denn, falls der norwegische König einmal auf die Idee kommen sollte, letzteres mit seinem Stuhlgang zu tun, so kann er dies nun in äußerst gepflegtem Ambiente machen. Letzte Woche haben er und Königin Sonja den Königshof auf Bygdøy (Bygdøy Kongsgård) übernommen, der während der letzten sechs Jahre von Grund auf renoviert wurde. Das Gebäude stammt aus dem Jahre 1733, aber die Geschichte des Hofes und des dazugehörigen Geländes geht bis ins Jahr 1305 zurück, als der damalige König Håkon V. Magnusson den Hof seiner Frau, Königin Eufemia von Rügen, zum Geschenk machte. Als mit den Renovierungsarbeiten begonnen wurde, war das Hauptgebäude halb verfallen. Insgesamt 177 Millionen Kronen hat der Spaß gekostet, davon gingen allein 15 Millionen fürs Interieur drauf. Die Einrichtungsgegenstände stammen zum größten Teil aus der Zeit, als die Großeltern von König Harald V. die Residenz bewohnten, also aus der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts. Die Küche und die Bäder sind allerdings hochmodern im 2007-Stil. Der Königshof wird in Zukunft die Osloer Sommerresidenz von Königens sein, und Königin Sonja freut sich sehr darüber, vom Haus direkt in den Garten gehen zu können. Wer mehr erfahren möchte, kann sich ja diese Bilderserie ansehen. Ein schönes Luftbild haben wir auch noch, allerdings stammt jenes aus der Zeit, als noch einiges zu tun war, denke ich ...
Was bewegt den Norweger sonst noch? Ganz klar: Ole Gunnar Solskjær hört auf, Fußball zu spielen. Vielen Fußballinteressierten aus Deutschland dürfte vor allem eine Szene in Erinnerung geblieben sein: 1999, Champions-League-Finale, Bayern gegen Manchester United, Spielstand 90. Minute: 1:0 ... nach 92 Minuten stand es 1:2, ManU gewann das Spiel und den Pott; das zweite Tor hat Ole Gunnar dem Kahn reingetan — seitdem hat er bei den Briten Kultstatus, was ja durchaus verständlich ist.
Weniger bewegend ist zur Zeit die norwegische Eisenbahn. Wegen akuten Lokführermangels mussten in den vergangenen Tagen viele Zugverbindugnen eingestellt werden, betroffen davon waren vor allem Pendlerzüge. Doch NSB gelobt Besserung; alles, was Züge fahren kann, soll nun in die Lokomotiven: Pensionierte Lokführer, Lokführer, die in der Verwaltung arbeiten, Lokführer aus Schweden und aus anderen Landesteilen sollen nun nach Südnorwegen kommen und helfen, den Personalengpass zu überwinden.
Der Winter steht vor der Tür. Morgens früh sind es seit Anfang der Woche nur fünf Grad in Oslo gewesen, heute morgen wurden mit nur 4,2 Grad die niedrigste Augusttemperatur seit zwanzig Jahren gemessen — soviel zum Thema Klimaerwärmung ... In vielen Landesteilen durften Autofahrer bereits den Eiskratzer hervorholen.
Tarnold
Oslo, 12. August 2007
Saure-Gurken-Zeit? Von wegen, in Norwegen ist so richtig was los im Sommer. Die Parteien laufen sich zum abschließenden Kommunalwahlkamp warm, Prinzessin Märtha Louise eröffnet eine Engelschule, rassistische Rettungswagenfahrer beschimpfen einen Verletzten und dann hatten wir auch noch Urlaub.
Wir dürfen wählen!
Wahlschein für die Kommunalwahl
Am 10. September wird in Norwegen gewählt: Es ist Kommunal- und Fylkestingswahl, und wir dürfen zum ersten Mal mitwählen. Da war die Überraschung groß, als wir — frisch aus unserem Urlaub zurückgekehrt — die Wahlscheine im Briefkasten vorfanden. Uns war bis dahin gar nicht klar, dass wir wählen dürfen, aber in Norwegen dürfen alle Ausländer, die in den letzten drei Jahren vor der Wahl in Norwegen ihren Wohnsitz hatten, an der Kommunalwahl teilnehmen.
Prinzessin Märtha Louise spricht mit Engeln!
Prinzessin Märtha Louise, Schwester von Kronprinz Haakon, behauptet, dass sie hellsehen könne und seit ihrer Kindheit übernätürliche Fähigkeiten habe. Damit nicht genug — sie möchte diese Fähigkeiten gerne weitervermitteln und hat daher eine „Engelschule” (Astarte Education) gegründet, in der sie Interessierte schult, wie diese Kontakt zu Engeln aufnehmen können. In einer dreijährigen Ausbildung können Kurse in „Reading”, „Healing” und „Berühren” belegt werden; ein Halbjahreskurs kostet 12.000 Kronen. Wer jetzt denkt, bei der Prinzessin schnell mal so einen Berührungskurs zu belegen, muss sich etwas gedulden: Laut Angaben von Astarte Education sind im Moment alle Kurse ausgebucht; erst ab Herbst 2008 können neue Schüler aufgenommen werden.
Rassismus in Norwegen?
Botanischer Garten und Schloss Uppsala
Vergangene Woche spielte sich eine schwer vorstellbare Szene im Osloer Sofienbergpark ab: Zwei Parkbesucher geraten in einen Streit, einer von ihnen fängt sich einen Faustschlag ein, fällt und knallt mit dem Hinterkopf auf den Asphalt und ist dadurch zunächst ohne Bewusstsein. Als wenig später der alarmierte Rettungswagen eintrifft, war der Verletzte (ein Norweger afrikanischer Herkunft) wieder bei Bewusstsein und wand sich vor Schmerzen. Nachdem die Rettungssanitäter erfuhren, was passiert war, sagten sie bloß, man solle ihn liegen und zappeln lassen. Als der Verletzte, offensichtlich nicht ganz klar bei Sinnen, begann, sich aufzurichten, seine Hose zu öffnen und zu pinkeln, war das Maß für die Sanitäter endgültig voll: Sie beschimpften ihn als „verdammtes Schwein” und verließen den Unfallort, ohne den Verletzten untersucht zu haben oder mitzunehmen. Auch die hinzugerufene Polizei kümmerte sich nicht weiter um den ihn. Er musste schließlich von Freunden per Taxi zum Arzt gefahren werden, um von dort aus ins Krankenhaus eingeliefert zu werden. Wegen einer erlittenen Hirnblutung wurde er sofort operiert; er liegt seitdem im Koma.
Belgisches Gueuze-Bier in Stockholm
Jetzt stellt sich natürlich die Frage, ob einem ethnischem Norweger eine gleiche Behandlung widerfahren wäre. Die Leitung vom Ullevål Universitätskrankenhaus, die personalrechtlich für die Sanitäter verantwortlich ist, weist natürlich jeglichen Rassismusvorwurf weit von sich. Sie bedauert zwar den unzweckmäßigen Sprachgebrauch, aber es war nicht rassistisch, schließlich wurden keine Ausdrucke wie z.B. „Nigger” o.ä. verwendet. In einer ersten Stellungnahme wurde sogar behauptet, dass die Rettungssanitäter alle Prozeduren befolgt hätten und dass der Verletzte eine zufriedenstellende medizinische Beurteilung bekam — inzwischen wurde aber eingesehen, dass dem nicht so war.
Alle Beteiligten — Sanitäter und Polizisten — sind wegen unterlassener Hilfeleistung angezeigt worden; auch der Täter konnte ermittelt werden und sitzt inzwischen in Untersuchungshaft.
Urlaub bei söta bror
Reste silurischer Riffe auf Gotland
Nach mehreren Norwegen-Urlauben wollten wir in diesem Jahr endlich mal etwas kostengünstiger verreisen, und haben deshalb das Nachbarland Schweden ausgewählt. Schweden im Jahre 2007 — da begegnet man Carl von Linné, dem berühmten Botaniker und Begründer der modernen Taxonomie, auf Schritt und Tritt, denn in diesem Jahr jährt sich sein Geburtstag zum 300. Mal. Besonders spürt man dies natürlich in Uppsala, wo er an der Universität lehrte. Uppsala war unsere erste Station, wo wir Freund Michl einen Besuch abstatteten und pflichtbewusst durch den botanischen Garten spazierten (ansonsten haben wir mit Botanik ja nicht sooo viel am Hut).
Alles ohne Helm: Tania am Aufschluss
Als dann waren wir für ein paar Tage in Stockholm. Leider spielte das Wetter nicht so recht mit; immer, wenn wir uns in der Stadt aufhielten, regnete es. Daher hielt sich unsere Lust auf Sightseeing in Grenzen, was aber auch eine gute Seite hatte. Wir konnten uns nämlich guten Gewissens die Zeit im Akkurat vertreiben, einer Kneipe im Zentrum, die über eine Auswahl mehrerer hundert Bier- und Whiskysorten verfügt, darunter viele Biere aus schwedischen Mikrobrauereien.
Den Großteil unseres Urlaubs verbrachten wir jedoch auf der Insel Gotland. Hauptaugenmerk galt dabei der Geologie der Insel, denn Gotland besteht zu einem großen Teil aus fossilreichen Riffkalken aus dem Silur (ca. 400 Mio. Jahre alt). Es gibt dort so viele Fossilien, dass sogar ich (A.) welche gefunden habe — etwas, was mir während des Geologiestudiums nur selten vergönnt war.
Aber auch die Kultur sollte nicht zu kurz kommen. So besuchten wir die kleine Brauerei in Visby und nahmen an einer Besichtigung teil. Die Brauerei (Gotlands Bryggeri) gehört zu Spendrups, dem größten selbstständigen Brauereikonzern Schwedens, und fungiert u.a. als Testbrauerei: Hier werden neue Rezepte im Kleinen getestet und ausprobiert. Ein Bier, das auf Gotland auserkoren und getestet wurde, ist das Wisby Pils, das aber inzwischen in einer von Spendrups' Großbrauereien hergestellt wird. Andere Biere, die aus Visby kommen, sind z.B. das Klosteröl, das Hansa Pils und verschieden Saisonbiere; diese sind dann auch nur auf Gotland erhältlich.
Gotlands Bryggeri in Visby
Nach knapp zwei Wochen auf Gotland machten wir uns auf den Rückweg nach Norwegen, allerdings ließen wir uns reichlich Zeit dafür. Wir besuchten u.a. noch die Insel Öland, wo wir ebenfalls ein paar interessante Fossilfunde machten. Außerdem legten wir noch einen Kurzaufenthalt in Helsingør (DK) ein, wo wir noch einmal günstig einkaufen wollten. Wir mussten feststellen, dass Dänemark sich zu einem wahren Bierparadies gewandelt hat. Es gibt dort inzwischen viele Mikrobrauereien, die interessante Biere brauen. Sogar von Carlsberg gibt es eine Serie Spezialbiere in der Reihe „Semper Arden”. Wir müssen unbedingt noch einmal nach Dänemark, um uns inspirieren zu lassen ...
Auf dem weiteren Weg gen Norden, in Schweden, wurden wir Zeugen eines seltenen Phänomens: Stau auf der E6! Auf einer Länge von ca. 3 km (!) ging erst einmal gar nichts, weil ein Wohnwagen umgestüzt war und die Fahrbahn versperrte. So etwas haben wir mit unserer langjährigen E6-Erfahrung noch nie erlebt.
Der norwegische Zoll zeigte sich — wieder einmal — von seiner freundlichen Seite. Als wir bei der Einreise nach Norwegen pflichtbewusst in die rote Zone fuhren, weil wir einige Liter Bier und Wein zu viel dabei hatten und diese verzollen wollten, winkte uns der freundliche Zöllner einfach durch, nachdem er einen Blick auf unsere Aufstellung mit Alkoholika geworfen hatte. Dadurch hat sich unser Dänemark-Ausflug so richtig bezahlt gemacht ;-)
Tarnold
Oslo, 8. Juli 2007
Regen, Regen, Regen — so lässt sich das Wetter der vergangenen Wochen zusammenfassen.
Während sich die Bewohner Nordnorwegens über tolles Sommerwetter freuen können, sieht es in Süd- und Ostnorwegen wesentlich schlechter aus. Hier fiel in den vergangenen zwei Wochen so viel Niederschlag wie sonst in den Monaten Juni und Juli zusammen. Besonders in der letzten Woche kam es dadurch zu gefährlich hohen Wasserständen einzelner Flüsse und lokalen Überschwemmungen. Heftige Regengüsse führten auch in Oslo zu vollgelaufenen Kellern und Tiefgaragen. Eine positive Seite hat dieses Wetter allerdings: Im Wasserkraftwerksland Norwegen halten sich die Strompreise auf rekordniedrigem Niveau: Am Freitag wurde die Kilowattstunde für nur 2 øre (0,25 Cent) verkauft! Während in Deutschland die Strompreise gerade kräftig steigen, sehen wir hier rosig in die Zukunft — zumindest bis zum nächsten Winter ...
Die „alte” Sprungschanze am Holmenkollen
Oslo-Besucher aufgepasst: Nutzt die Gelegenheit, Norwegens meist besuchte Touristenattraktion noch einmal zu besichtigen, die Holmenkollen-Sprungschanze. Diese wird nämlich nach den Wettkämpfen in der kommenden Saison abgerissen, da sie nicht mehr den Ansprüchen des modernen Skispringens genügt. Ein Neubau muss also her. Im Rahmen eines Architektenwettbewerbes sind bereits 105 Vorschläge eingereicht worden; einige davon können in einer Bilderserie online begutachtet werden. Läuft alles nach Plan, steht der neue Hüpfturm im Jahr 2010 (Kosten: ca. 68 Mio. Euro).
Tarnold
Oslo, 22. Juni 2007
Viel zu lange gab es an dieser Stelle nichts Neues von uns, aber ich hatte in den vergangenen Wochen wirklich keine Zeit, für euch etwas zu schreiben.
Ich habe vor knapp zwei Wochen schon mal angefangen, etwas Neues zu texten — den Teil findet ihr weiter unten.
Temporäre Amnesie: Rechner „Haake”
Grund für die Zeitknappheit waren zeitweilige Probleme mit unserem Rechnerpark. Als erstes verabschiedete sich unser Aldi-Notebook, das Tania in Stavanger hatte, mit einem Mainboarddefekt. Da Tania unbedingt ein Notebook braucht, habe ich mich daran gemacht, uns ein Neues zu beschaffen. Das hat schon einige Zeit in Anspruch genommen, aus der Vielzahl der Angebote das am besten für uns passende auszusuchen. Nachdem der Rechner geliefert war, mussten natürlich noch alle Programme installiert werden. Als ich damit halbwegs fertig war, begannen die Probleme auf unserem Hauptrechner „Haake”. Die zweite Festplatte (die mit allen Daten, Musikdateien, Digitalfotos usw.) konnte plötzlich nicht mehr gelesen werden. Die letzte Datensicherung lag zwar nicht sooo lange zurück, aber alles war eben doch nicht gesichert, so dass ich einige Tage lang ziemlich am Schwitzen war, und das nicht unbedingt wegen der hochsommerlichen Temperaturen. Am Ende ist aber alles gut gegangen ... Nun läuft wieder alles rund!
Kaum zu glauben, aber wahr: Selbst Norweger haben ein Herz für Wale, und das zur Grillsaison! Heute strandete ein Wal auf der Insel Alden, die an der Westküste Norwegens etwa in der Mitte zwischen Bergen und Ålesund liegt. Mit vereinten Kräften versuchte die Lokalbevölkerung, den Wal zu bergen (Bilderserie), doch am Ende konnte das Meeresgetier nicht gerettet werden. Na ja, war auch nur ein kleiner Wal.
Mette-Marit beim Stall ausmisten, Haakon beim Mähdreschen — so stellt man sich das norwegische Thronfolgerpaar wirklich nicht vor. Tatsache ist aber, dass die beiden sozusagen auf'm Bauernhof wohnen, denn die Kronprinzen- und -prinzessinenresidenz Skaugum ist gleichzeitig ein landwirtschaftlicher Betrieb von immerhin 125 ha. Angebaut werden Getreide und Tierfutter, außerdem verfügen Prinzens über 130 Rindviecher, die im letzten Jahr rund 220.000 Liter Milch lieferten. Doch damit nicht genug: Laut der Zeitung Nationen haben Haakon und Mette-Marit im letzten Jahr ca. 550.000 Kronen an Subventionen für den Hof eingestrichen — als ob die es nötig hätten! Das eigene Einkommen oder das der Eltern wird da wohl nicht angerechnet — ist eben anders als beim BAföG ...
Dein Haar weht im Wind ...
Letztens — sprich: Pfingsten — waren wir ja wieder in Deutschland. Wir haben zum ersten Mal die Flugverbindung von Ryanair zwischen (Oslo-)Torp und Bremen ausprobiert. Im Gegensatz zu unserem Besuch zu Ostern, wo wir kaum in Bremen, dafür aber im Rest Norddeutschlands unterwegs waren, verlebten wir dieses Mal eine recht ruhige Woche in unserer Heimatstadt — mal abgesehen von den fast täglichen Pannen an unserem alten Tandem, die aber stets rechtzeitig zur nächsten Tour dank meines Vaters pünktlich behoben wurden. Endlich konnten wir mal wieder gepflegt ein paar Biere im Leierkasten genießen — es gab sogar noch Einbecker Mai-Urbock! Und dann war auch noch Weinfest auf dem Marktplatz, und die Biergärten an der Schlachte hatten auch geöffnet, ebenso wie das Café Sand ... Ein weiteres Highlight war natürlich der Segeltrip mit Martin und Anne sowie den Kindern von Großensiel nach Bremerhaven. Zugegeben — das hört sich nicht gerade nach einem mordsmäßigen Riesentrip an, aber beim Segeln gilt immer die Losung „der Weg ist das Ziel” — und nach einigen Jahren Abstinenz waren wir froh, mal wieder segeln zu können, dazu noch in altbekanntem Revier.
Green and blue unite (zumindest während der Sommerpause ...)
Wo es neulich so schön sommerlich warm war (momentan haben wir heftigen Dauerregen), nutzten Kumpel Oliver (ihr wisst schon, der Schalke-Fan) und ich die Gunst der Stunde zu einem zünftigen Grillabend. Tja, das mit Schalke und Werder sitzt schon tief drin bei uns. Unsere norwegische Lieblingsbrauerei haben wir wohl gefunden; wir trinken alle am liebsten Bier von der Hansa-Brauerei in Bergen (was in Oslo nicht so gern gesehen wird). Aber der Oliver kommt dauernd mit dem Fatøl an, in den blauen Dosen, während wir ja eher zum etwas herberen Pils in den — na was wohl — grünen Dosen neigen. An diesem Abend gab es aber einen klaren grünen Sieg über die Blauen — ich hatte einfach ein paar Sixpacks mehr auf Lager :-)
Oslo, 11. Juni 2007
Dieser Sommer fängt ja gut an: Nach einem eher durchwachsenen Mai kommt es nun knüppeldick: Seit über einer Woche haben wir Höchsttemperaturen von über 25 °C — am Wochenende wurden sogar 30 ° überschritten.
Kikutstua in der Nordmark
Der diesjährige Sommer in Oslo startete also schon einmal mit einem Rekord: Nie zuvor wurde an der Wetterstation Blindern so früh im Jahr ein Tropentag verzeichnet. Sogar an der Westküste gab es hochsommerliche Temperaturen. Allerdings ist in nächster Zeit nicht mit einer Fortsetzung dieser Wetterlage zu rechnen: Für Oslo ist eine Halbierung der Höchsttemperatur vorhergesagt, in Nordnorwegen muss gar mit Schnee- oder Schneeregen gerechnet werden.
Das gute Wetter ausnutzend habe ich gestern eine Radtour in die Osloer Nordmark gemacht, dem nördlich an die Stadt angrenzenden Waldgebiet. Die Nordmark ist für uns (obwohl wir nun seit fünf Jahren in Oslo leben) noch ein großer weißer Fleck auf unserer Oslokarte — bisher sind wir noch nie über den Fernsehturm in nördlicher Richtung hinausgekommen. Gestern habe ich mich dann weit in unbekanntes Terrain gewagt. Bis zur Kikutstua bin ich gekommen, was schon ziemlich am Nordrand Oslos liegt. Für die insgesamt rund 60 km lange Strecke über Feld- und Waldwege (und ungezählte Höhenmeter) habe ich ca. 6 Stunden benötigt. Da ich mich zwischendurch kurz verfahren hatte, durfte ich mein Rad teilweise sogar tragen. Am Ende war ich doch froh, wieder Asphalt unter den Rädern zu haben. Ich habe mich dann doch gefragt, ob man so einen Trip an einem der heißesten Tage des Jahres machen muss ...
Tarnold
Nordmarka
Oslo, zum 17. Mai 2007
Pünktlich zum heutigen norwegischen Nationalfeiertag (gefeiert wird die Verabschiedung des norwegischen Grundgesetzes am 17. Mai 1814) hat die Zeitung Aftenposten ein paar Fakten (genau 17) zu diesem Tag zusammengetragen, die wir hier ins Deutsche übersetzt wiedergeben (zum besseren Verständnis stehen in eckigen Klammern ein paar Erläuterungen):
- Die erste 17.-Mai-Feier fand vermutlich bereits im Jahre 1815 in Trondheim statt, auf Initiative des dänischstämmigen Trønders Matthias Conrad Peterson.
[ein trønder ist eine Person aus Trøndelag] - Wir [Norweger] verzehren 16 Millionen Würstchen; das entspricht einer Menge von 800 Tonnen und ist zehn Mal so viel wie an einem normalen Tag.
[der gemeine Norweger ernährt sich am 17. Mai ausschließlich von Würstchen, Eis, Waffeln und kransekake] - Am zehnten Jahrestag [17. Mai 1824] der Verabschiedung des Grundgesetzes wurde die Initiative für eine 17.-Mai-Feier in Christiania ergriffen. Aber Kronprinz Oscar, der sich in der Stadt aufhielt, meinte, dies könnte als Provokation der Königsfamilie und Schwedens aufgefasst werden.
[Oslo hieß von 1624 bis 1925 Christiania; von 1814 bis 1905 befand sich Norwegen in einer Union mit Schweden; der schwedische König war zugleich das norwegische Staatsoberhaupt] - Heute werden [in ganz Norwegen] ca. 69.000 Kinder und 1.700 Erwachsene in Blaskapellen marschieren und spielen.
- Ein paar Leute versuchten am 17. Mai 1829 in Christiania zu feiern, was von König Carl Johan und der Regierung verboten war. Der Festungskommandant setzte Kavaleriesoldaten gegen die „Demonstranten” auf dem Stortorg ein.
[der Stortorg ist ein Platz gegenüber dem Dom von Oslo] - Erst nach Carl Johans Tod 1844 konnte der Nationaltag in Freiheit gefeiert werden. Sohn Oscar I. hatte eine ganz andere und mehr tolerante Haltung gegenüber dem 17. Mai als sein Vater.
- Die Republik Nauru bekam ihr Grundgesetz am 17. Mai 1968 und feiert am selben Tag wie wir.
- Am 17. Mai 1870 wurde der erste Kinderumzug, oder Jungenumzug, durchgeführt. Die Mädchen durften erst 19 Jahre später daran teilnehmen.
- In Luleå in Schweden führt eine lokale Aktionsgruppe die Union [mit Norwegen] für einen Tag wieder ein und feiert den 17. Mai. In Stockholm sprechen Anne Holt und Jan Guillou.
[Anne Holt ist eine norwegische Buchautorin, Jan Guillou ist ein schwedischer Journalist und Verfasser] - Seit dem 17. Mai 1906 hat die Königsfamilie auf dem Schlossbalkon gestanden und den Schülern der Osloer Schulen zugewunken. Sie war abwesend 1910, als König Edward VIII. [von England] begraben wurde (der Vater von [der damaligen norwegischen] Königin Maud), sowie in den Kriegsjahren.
[die königliche Familie steht natürlich nur zu den Nationaltagen auf dem Schlossbalkon ...] - Die samischen Kinder im Kinderumzug können in diesem Jahr die samische Flagge verwenden.
- In Berlin sammeln sich viele Norweger an der Stelle, an der Nordahl Grieg in einem britischen Bomber starb, welcher am 2. Dezember 1943 abstürzte. Botschafter Bjørn Tore Godal hält an dem Gedenkstein, der an dieser Stelle errichtet wurde, eine Rede.
[Grieg war ein bedeutender norwegischer Dichter, Verfasser und Journalist] - Stortingspräsident Thorbjørn Jagland winkt vom Balkon des Stortinggebäudes.
[das Storting ist das norwegische Parlament] - In New York wird der 17. Mai nicht unbedingt am 17. Mai gefeiert, sondern am darauf folgenden Sonntag mit einer Parade durch das „norwegische” Viertel Bay Ridge in Brooklyn. Wikingerhelme mit Plastikhörnern und selbstentworfene bunader gehören normalerweise dazu. [eine bunad ist eine Volkstracht]
- Landesweit werden ca. 42.000 Schüler das Gymnasium verlassen. Das bedeutet, dass ungefähr genauso viele Schüler heute ihre mehrwöchigen Abitursfeiern beenden.
- In Nairobi und Addis Abeba haben die norwegischen Botschaften die normalen 17.-Mai-Feiern abgesagt. Die Botschafter Elisabeth Jacobsen und Jens-Petter Kjemprud führen das auf Kürzungen im Budget zurück.
- In Bergen feiern nicht weniger als drei buekorps 150-jähriges Bestehen. Laut Bürgermeister Herman Friele muss man in der Stadt geboren sein um zu verstehen, welche Bedeutung dieses Ereignis hat.
[ein buekorps heißt wörtlich übersetzt Bogenkorps und sind Organisationen für Kinder, in denen Exerzieren, Marschieren, Sport und Ausflüge wesentliche Elemente sind. Ihren Ursprung haben sie in den Bürgerwehren des 19. Jahrhunderts; überlebt haben sie nur in Bergen]
So, dann will ich mir mal 'ne Wurst holen ...
Tarnold
Oslo, 14. Mai 2007
Seit Tagen stellt sich ganz Norwegen die momentan alles entscheidende Frage: Wie wird das Wetter am 17. Mai?
Nicht, dass sich die Nation schon auf eine zünftige Vatertagstour am kommenden Donnerstag freuen würde — es geht eher darum, welche Kleidung am Nationalfeiertag passend ist. Dummerweise fällt in diesem Jahr Himmelfahrt auf den norwegischen Nationalfeiertag, so dass uns dadurch ein Feiertag abhanden kommt (und da 2008 ein Schaltjahr ist, fällt der 17. Mai in den kommenden zwei Jahren auf Sonnabend bzw. Sonntag — das ist doch echt Beschiss)! So wie die Vorhersagen im Moment aussehen, wird es wohl ein nasskalter Feiertag. Traditionsgemäß wird der 17. Mai eher draußen begangen, wenn im ganzen Land tausende von Kinderumzügen durch die Dörfer und Städte marschieren. Mit mehreren tausend Teilnehmern findet der größte dieser Umzüge natürlich in Oslo statt (mehr Infos zum 17. Mai gibt's auf einer eigenen Seite).
Fahrbare Beschallungsanlagen auf dem Parkplatz am Tryvannstårn
Der 17. Mai markiert auch das Ende der Abschlussfeiern der Abiturienten, hier russ genannt. Momentan prägen sie das Stadtbild in Oslo mit ihren i.d.R. rot lackierten Autos und ihren knallroten, manchmal auch blauen Latzhosen, den Merkmalen der Schulabgänger. Wie in jedem Jahr gibt es Diskussionen über das ausschweifende Partyleben der Abiturienten. Allgemein wird die Sorge geäußert, dass die jungen Leute viel zu viel saufen und Geld ausgeben würden. Ich habe allerdings eher das Gefühl, dass bei aller Kritik auch eine große Portion Neid mit im Spiel ist ... Am vergangenen Wochenende fand die große Abschlussparty oben am Tryvannstårn (dem Fernsehturm) statt. Der dortige Parkplatz war gut gefüllt mit zu Beschallungsanlagen umgebauten Bussen.
Hardy beim Zerfetzen einer Tiefseegarnele
Am vergangenen Wochenende haben uns Hardy und Elsa besucht (oder besser gesagt mich, da Tania nicht nach Oslo kommen konnte). Die beiden waren zum ersten Mal hier, da hatte ich also ein leichtes Spiel, was die Stadtführung durch Oslo anbelangt: Holmenkollen, Vigelandspark, ein Spaziergang durch Frogner, Schloss, Karl-Johans-gate, Akershus Festung und schließlich reker essen auf Aker Brygge — das sollte für den Anfang reichen. Abends haben wir uns dann die Übertragung des Eurovision Song Contest angesehen — wir haben uns gut amüsiert und konnten den Frust über die verpasste Meisterschaft schnell vergessen ...
Tarnold
Oslo, 15. April 2007
Wie lange würde es wohl dauern, eine ca. 2000 Flaschen umfassende Bierflaschensammlung zu sortieren und der Altglasverwertung zuzuführen? Diese Erfahrung konnten wir vor zwei Wochen in Deutschland machen.
Rund fünfzig Kartons voller Bierflaschen
Seit nunmehr knapp fünf Jahren wohnen wir in Norwegen, doch bis vor kurzem lagerte ein nicht unwesentlicher Teil unseres Inventars in Deutschland bei Tanias Eltern auf dem Dachboden. Wir hatten anfangs die Hoffnung, die Bierflaschensammlung irgendwann einmal nachzuholen, doch die hiesigen Immobilienpreise machten uns da einen Strich durch die Rechnung — auf absehbare Zeit werden wir uns eine entsprechend große Immobilie nicht leisten können. Somit blieb als einzige Konsequenz, die Sammlung aufzulösen; aus diesem Grund machten wir uns in der Woche vor Ostern auf den Weg nach Deutsachland.
Standesgemäßer Empfang in Oldenburg
Für uns überraschend waren wir nach zwei Tagen durch mit dem Thema, so dass wir noch ein bisschen Zeit hatten, unsere Freunde zu besuchen. Dabei beschränkten wir uns auf den Teil unserer Freunde, der außerhalb Bremens wohnt — die übrigen müssen noch bis Pfingsten warten, wenn wir mit dem Flugzeug nach Bremen kommen und entsprechend weniger mobil sind. So führte uns unsere Besuchstour nach Paderborn, Hannover und Oldenburg. Ein Besuch der Osterwiese und ausgiebiges Einkaufen musste natürlich auch noch sein, ehe wir Ostersonntag wieder zurück nach Oslo fuhren.
Während das vorösterliche Norddeutschland ja geprägt war durch bestes Wetter und milde Temperaturen, bekamen wir einen kleinen Schock, als wir am Ostermontagmorgen auf der Fähre aus dem Fenster guckten und entlang des Oslofjordes nur schneebedeckte Landschaften erblickten. Bei uns zu Hause lagen gut fünf Zentimeter Schnee, doch inzwischen ist auch bei uns der Frühling zurück. Zwar muss man morgens hin und wieder mit Handschuhen Rad fahren, nachmittags reichen aber T-Shirt und kurze Hose.
Am nächsten Wochenende werde ich mit dem Auto nach Stavanger zu Tania fahren; im Kofferraum habe ich dann einiges von dem, was wir in Deutschland eingekauft haben. Tania würde ja Jahre brauchen, um das alles im Handgepäck im Flieger mitzunehmen. Da die Route, die ich bisher immer genommen habe, noch wintergesperrt ist, muss ich dieses Mal eine andere Strecke fahren — geschätzte Dauer: 8 Std. 40 Min. für 550 km.
Tarnold
Oslo, 20. März 2007
Viel Neues passiert nun nicht mehr in unserem Alltag in Norwegen, doch am vorletzten Wochenende gab es dann doch noch eine Premiere: Wir waren zum Biathlon (oder Skischießen, wie der Norweger sagt) auf dem Holmenkollen.
Siegerin Magdalena Neuner bei Harald
Zusammen mit Kumpel Oliver, der Freundin und Freunde aus Deutschland zu Besuch hatte, haben wir am vorletzten Sonnabend einen Teil der Wettbewerbe gesehen, die den schönen Namen „E.ON Ruhrgas World Cup 8” tragen, genauer gesagt die Verfolgungsrennen der Damen und Herren.
Es wurde dann ja auch ein erfolgreicher Tag aus deutsch-norwegischer Sicht: Bei den Damen belegte Deutschland die ersten drei Plätze (Neuner vor Henkel und Wilhelm), den Wettkampf der Herren gewann Ole Einar Bjørndalen vor dem franzosen Raphael Poirée und Michael Greis aus Deutschland. Da Poirée mit der ehemaligen norwegischen Biathletin Liv Grete Skjelbreid Poirée verheiratet ist, gilt er als halber Norweger; somit gab es sozusagen einen norwegischen Doppelsieg bei den Herren.
Ole Einar in seinem Wohnzimmer
Eines sei an dieser Stelle erwähnt: Gut Ski fahren und schießen kann die Neuner ja, ihre Englischkenntnisse, die sie in einem Liveinterview zum Besten gab, können da allerdings nicht mithalten. Vielleicht war das der Grund, weshalb sie nach ihrem Sieg am nächsten Tag vom norwegischen Fernsehen gleich auf Deutsch interviewt wurde.
Bessere Sprachkenntnisse hatte hingegen der Stadionsprecher, der während der Rennen auf drei Sprachen in einem steten Redefluss kommentierte, und zwar auf Norwegisch, Englisch und Deutsch. Das konnte er auch ruhig, denn die deutschen Fans stellten eine recht starke Fraktion im Biathlonstadion.
Der unbekannte Werder-Fan im Biathlonstadion
Aus den tausenden wintersportbegeisterten Zuschauern aus Deutschland suchten die Kameramänner ein besonders prägnantes Beispiel heraus, nämlich den unbekannten Werder-Fan, der ab und an auf der Großbildleinwand mit seiner Werder-Fahne zu sehen war (siehe links) — eine nette Geste, vor allem den vier eingefleischten Schalkefans gegenüber, mit denen wir zusammen dort waren ;-)
Anzeige von Ryan Air in Aftenposten
Nur noch wenige Tage, dann geht es los: Ab 1. April bedient Ryan Air die Strecke Oslo (-Torp) — Bremen, und nun wird auch in den hiesigen Medien annonciert. Alles in allem wird die Reisedauer dann rund sechs Stunden betragen, wenn man die An- und Abreise zum/vom Flughafen, Wartezeiten und Flugzeit berücksichtigt, und das zu einem günstigen Preis. Allerdings: Das Gepäckvolumen ist natürlich stark eingeschränkt, so dass man nur bedingt von den relativ günstigen Preisen in Deutschland profitieren kann. Wir werden in ein paar Wochen die ganze Sache einmal ausprobieren, wenn wir über Pfingsten nach Deutschland kommen.
Tarnold
Oslo, 25. Februar 2007
Zwei Themen beherrschten in der vergangenen Woche das Tagesgespräch in Norwegen: Schneechaos, vor allem in Südnorwegen, und natürlich uns Harald sein 70. Geburtstag.
Südnorwegen hat es wieder voll erwischt: 30 cm Schnee und starker Wind waren genug, um ein totales Chaos auf der E18 zwischen Grimstad und dem 50 km entfernten Kristiansand auszulösen. Über zwölf Stunden lang saßen rund 1000 Autofahrer fest und mussten bei eisiger Kälte in ihren Fahrzeugen darauf warten, dass die Straße wieder für den Verkehr freigegeben wurde. In der Kritik steht einmal mehr Statens Vegvesen, Norwegens oberste Verkehrsbehörde, zuständig u.a. für das Räumen der verschneiten Straßen. Bereits im letzten Winter gab es ähnliche Zustände auf dieser Strecke zu beklagen, doch scheint niemand daraus eine Lehre gezogen zu haben. Ein Blick nach Schweden zeigt, dass es auch anders geht: In der südschwedischen Provinz Skåne herrschten vergleichbare Wetterbedingungen, doch der Verkehr dort lief reibungslos. Ein Grund dafür könnte sein, dass dort doppelt soviele Räumfahrzeuge im Einsatz waren. Nun warten wir gespannt auf den Ausgang dieses Wochenendes, wo für Teile Südnorwegens ein Meter Neuschnee vorausgesagt werden :-)
Ähnliche Probleme wie im Straßenverkehr gab es auch im Schienenverkehr: So war die Verbindung zum Osloer Flughafen Gardermoen zeitweilig unterbrochen, und der Expresszug Bergen-Oslo raste in eine etwas größere Schneewehe und entgleiste; zwei der acht Waggons rutschten daraufhin einen Abhang herunter (Bilder hier), verletzt wurde aber niemand.
Immer noch in Feierlaune befindet sich König Harald V., der am Mittwoch 70 wurde. Seit Freitag befinden sich rund 50 Blaublütige aus ganz Europa in Oslo. Freitagabend gab es ein Varieté im Osloer Rathaus (siehe Bilderserie), danach dann lecker Essen bei Mette-Marit und Haakon. Gestern mussten die adeligen Gäste bei Schneetreiben einen Erlebnistag im Folkemusemum (das ja ein Freilichtmuseum ist) durchstehen, und abends ging es dann noch einmal richtig rund im Schloss.
Seit gestern Abend ist Tania wieder in Oslo, und wir werden ein verlängertes Wochenende verleben, da wir beide am Montag frei haben. Für Montag haben wir uns fest vorgenommen, es den Sporchtsfreunden in Sapporo gleichzutun und uns die Bretter unterzuschnallen und ein wenig Ski zu fahren.
Tarnold
Oslo, 21. Februar 2007
König Harald V. feiert heute seinen 70. Geburtstag — Anlass für uns, einmal wieder Flagge zu zeigen und zu gratulieren!
An solchen Tagen wie heute merkt man wieder, dass wir nicht in einer Republik leben, denn zum Geburtstag bekommt der König von allen Seiten Geschenke: Das Parlament beispielsweise schenkt ihm eine Statue, die seine Mutter zeigt, und vor dem Schloss wird gerade etwas aus Eis modelliert, ein Geschenk von der Bank Nordea. Ist doch undenkbar, dass einem Bundespräsidenten so etwas widerfahren würde ...
Tarnold
Oslo, 12. Februar 2007
Na also, geht doch: Bei 20 cm Schnee und Tageshöchsttemperaturen um -10 ° C fragt man sich doch, wo die verdammte Klimaerwärmung bleibt!
Es hat ja eine Weile gedauert, aber der Winter hat sich jetzt doch festgesetzt. Sogar in Stavanger, wo es ja sonst wesentlich milder ist, herrscht seit einer Woche Dauerfrost, und ein bisschen Schnee gab es auch.
Norwegens Hoffnung für Helsinki: Guri Schanke
Ganz und gar nicht frostig ging es vorgestern Abend im Veranstaltungszentrum „Oslo Spektrum” zu. Dort wurde nämlich Norwegens Beitrag zum diesjährigen Eurovision Song Contest ermittelt, und gewonnen hat die Schauspielerin und Sängerin Guri Schanke mit dem heißen Latinotitel Ven a bailar conmigo. Mit Guri Schanke schickt Norwegen damit ein altes Schlachtschiff der norwegischen Unterhaltungsbranche ins Rennen nach Helsinki. Das ist vielleicht auch gut so, denn Norwegen singt ja in diesem Jahr wieder in der „zweiten Liga” und muss sich erst einmal für das Finale qualifizieren.
Knut Knudsen Eigeland übermittelt die Punkte aus Südnorwegen
Wie in Deutschland ist der Eurovision Song Contest auch in Norwegen eine absolut kultige Angelegenheit. Hier hat man es allerdings verstanden, das Ganze noch weiter zu verfeinern. Vor dem gestrigen Finale gab es nämlich vier Vorentscheide, die in der Provinz veranstaltet wurden. Bei den ersten drei Vorentscheiden traten jeweils sechs Teilnehmer an; die Sieger wurden über Zuschauerentscheide ermittelt. Die beiden Erst- und Zweitplazierten qualifizierten sich direkt für das Finale, unter den Dritt- und Viertplazierten wurden die besten zwei in einem weiteren Vorentscheid am letzten Freitag ermittelt. Somit bestand das Hauptfeld aus acht Teilnehmern, unter denen gestern Abend zunächst die ersten vier ermittelt wurden, die dann im „Goldfinale” noch einmal gegeneinander antraten. Diese vier mussten dann alle noch einmal auftreten, ehe es zur abschließenden und alles entscheidenden Stimmabgabe kam.
Dusty Cowshit bei der Punktvergabe aus Ostnorwegen
Die Ermittlung der Punktezahl verlief ähnlich wie beim „echten” Grand Prix: Aufgegliedert nach Landesteilen wurden die Punkte an die Künstler verteilt. Siegerin des Abends war dann, wie gesagt, Guri Schanke (sprich: Güri Skanke — der Name hat also nichts mit der ähnlich lautenden Geschlechtskrankheit zu tun), die ihren Titel dann zum dritten Mal zum Besten geben durfte. Schade — unser Favorit war eigentlich die Countryband Dusty Cowshit, aber die Mehrheit der Norweger war da wohl anderer Meinung.
Eine witzige Fernsehserie lief gerade im norwegischen Fernsehen: Norsk for nybegynnere — Norwegisch für Anfänger. In mehreren Folgen wurden die ersten „Gehversuche” von frisch nach Norwegen eingereisten Einwanderern gezeigt — teilweise fühlten wir uns an unsere eigenen Erlebnisse erinnert, als wir selbst neu in Norwegen waren. Für diejenigen unter euch, die ein bisschen Norwegisch verstehen, hier der Link zur Sendung: http://www1.nrk.no/nett-tv/prosjekt/547
Rune Bratseth macht Schluss! Vergangene Woche gab der ehemalige Werder-Spieler und langjährige Sportdirektor von Rosenborg Trondheim bekannt, von seinem Amt zurückzutreten. Bereits im Sommer letzten Jahres hat Bratseth eine mehrmonatige Pause genommen, weil er sich ausgebrannt fühlte. Als Hauptgrund für seinen Rückzug nannte Bratseth den hohen Druck, der durch die Medien ausgeübt werde. Das stete Verlangen der Medien nach Neuigkeiten habe ihm den Spaß an seiner Tätigkeit genommen.
Tarnold
Oslo, 21. Januar 2007
Ein erleichterndes Seufzen zieht durch das Land, und vielen fällt ein großer Stein vom Herzen: Schnee — endlich ist der Winter gekommen!
Bereits in der vergangenen Woche fielen ein paar Zentimeter, die ausreichten, die ersten Loipen rund um Holmenkollen zu spuren. Seit gestern Vormittag ist weiterer Schnee gefallen, so dass nun rund 20 cm liegen; die Anzahl der Loipen dürfte in den kommenden Tagen deutlich steigen. Hinzu kommt, dass die Temperaturen endlich deutlich unter null Grad liegen und zunächst niemand befürchten muss, dass die weiße Pracht alsbald wieder schmilzt.
Ein paar nasse Füße dürften sich einige Passagiere an Bord der Fähre „Prinsesse Ragnhild”, die zwischen Hirtshals und Stavanger/Bergen verkehrt, geholt haben. Während der Passage von Dänemark nach Norwegen gestern Abend wurde die Fähre in schwerem Wetter im Skagerrak frontal von einer großen Welle getroffen. Dabei wurden zwei Fenster eingedrückt und Wasser drang in den vorderen Konferenzbereich der Fähre ein und verteilte sich anschließend auf mehrere Decks. Der Kapitän hat dann entschieden, vor Risør abzuwettern. Das Schiff wird heute Nachmittag mit mehr als achtstündiger Verspätung in Stavanger erwartet.
Tarnold
Oslo, 6. Januar 2007
In eigener Sache: Ab sofort werden Ortsangaben, die wir des Öfteren an dieser Stelle machen, illustriert mit Hilfe von Google Maps, dem „Landkartendienst” des bekannten Suchmaschinenbetreibers.
Sicher habt ihr euch schon des Öfteren gedacht: „Mensch, die von ZBiO schnacken immer klug über irgendwelche Käffer in Norwegen, aber kein Mensch weiß, wo die sind, und im Diercke Weltatlas von 1977 sind die auch nicht drin!” Mit dem Rätselraten ist nun Schluss, denn wir verweisen bei Ortsangaben nun auf einen Landkartenausschnitt, der den genannten Ort zeigt. Solche Links werden mit einem kleinen Piktogramm gekennzeichnet, etwa so: Hier wohnt der König.
Mit Hilfe der Steuerelemente am linken Kartenrand lässt sich der Maßstab verändern (zoomen) bzw. der Kartenausschnitt verschieben, am oberen Rand kann man auswählen, ob man den gezeigten Ausschnitt als Karte, Satellitenfoto oder Kombination von beidem („Hybrid”) betrachten möchte. Die Satellitenfotos von größeren Städten sind oft sehr hoch aufgelöst, so dass man sehr dicht heranzoomen kann.
Tarnold
Oslo, 4. Januar 2007
Also dann auf diesem Wege: Allen Lesern ein frohes neues Jahr, und danke für die guten Wünsche, die über das Gästebuch an uns gerichtet wurden!
Küchenbrauerei: Läuft!
Wir haben die Feiertage gut überstanden. Tania war seit dem Sommer einmal für länger als nur ein paar Tage in Oslo, und wir haben eine ruhige Zeit verlebt. Neben dem vielen Essen und Trinken, Filme gucken und vor den PCs sitzen haben wir nach rund einjähriger Pause endlich wieder gebraut! Bedingt durch Umzug und Renovierungsarbeiten stand unsere Brautätigkeit lange Zeit still; nicht einmal einen anständigen Winterbock haben wir in diesem Jahr brauen können (was nicht weiter schlimm ist, da wir ja auch keinen Winter haben). In der Hoffnung auf einen besseren Frühling haben wir daher zwischen Weihnachten und Neujahr einen anständigen Maibock angesetzt. Dabei hat sich gezeigt, dass nicht alle Handgriffe und Arbeitsabläufe so sitzen wie sie sollten; wir hoffen dennoch, dass das Bier gut wird.
Tja, das mit dem Winter war bisher nichts. Das ist nicht weiter schlimm — so können wir immer noch gut mit dem Rad fahren, aber die zumeist skibegeisterten Norweger kommen da nicht so gut mit klar. Nach einem heißen Sommer und milden Herbst hatten wir nun den wärmsten Dezember aller Zeiten — in Oslo im Schnitt rund sechs Grad wärmer als normal. Diese ungewöhnlich warmen Temperaturen haben schon zwei Todesopfer gefordert. In der trügerischen Annahme, dass man zu Weihnachten schließlich immer über zugefrorene Seen gehen konnte, sind mehrere Personen im Eis eingebrochen; zwei von ihnen kamen dabei ums Leben.
Gerade mal winterlich: Blick auf den Oslofjord
Wer in naher Zukunft plant, mit dem Auto vom Kontinent aus Richtung Oslo (oder noch weiter nach Norden) zu fahren, muss sich auf längere Fahrzeiten gefasst machen. In der Woche vor Weihnachten gab es einen Erdrutsch nördlich von Uddevalla (Schweden), der einen rund 500 m langen Teil der E6 mit sich riss. Zu dem Zeitpunkt befanden sich ca. 15 Fahrzeuge auf dem betroffenen Abschnitt, aber wie durch ein vorweihnachtliches Wunder wurde niemand ernsthaft verletzt. Ursache für den Erdrutsch sind ungewöhnlich starke Regenfälle sowie das Ausbleiben von Frost. Die schwedische Zeitung Expressen hat ein nettes Übersichtsfoto auf ihrer Homepage veröffentlicht. Die E6 wird für mehrere Wochen gesperrt sein; der Verkehr wird über eine 50-60 km lange, aus kleinen Landstraßen bestehende Umleitungsstrecke geführt. In Norwegen ist man natürlich nicht gerade begeistert, schließlich ist die E6 die einzige bedeutende Landverbindung zum Rest der Welt.
Doch damit nicht genug: In der Nacht vom ersten auf den zweiten Weihnachtstag ist ein Teil des Hanekleivtunnels an der E18 südlich von Drammen eingestürzt. Wegen der Feiertage herrschte wenig Verkehr, so dass niemand verletzt wurde. Die E18 ist die Verbindung zwischen Oslo und dem Süden/Südwesten Norwegens, also auch eine wichtige und stark befahrene Strecke. Der Verkehr dort wird durch die andere, noch intakte Tunnelröhre geleitet. Bemerkenswert dabei ist, dass dieser Tunnel erst 2001 eröffnet wurde. Wie es aussieht, wurden Geologen beim Bau des Tunnels nicht ausreichend gefragt, oder man hat nicht auf sie gehört. Tja, so etwas rächt sich immer ;-). Angeblich sind viele Tunnel, die in den vergangenen zehn Jahren in Norwegen gebaut wurden, nicht unbedingt so gesichert wie sie sollten. Es wird diskutiert, nun die moderneren Tunnel in der Gegend zu überprüfen. Vielleicht sollte man gleich alle checken — davon gibt es zum Glück nicht so viele in Norwegen ...
Tarnold